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Erwachsenwerden

4. Loslassen - Was bedeutet die Ablösung für die Eltern?

4.2. Unterstützung und Verantwortung abgeben


Alle sagen,  „Ich solle loslassen, aber es weiß doch keiner, was mein Kind tatsächlich braucht.“

Dies sagte einmal eine Mutter bei einem Gespräch über den Übergang aus der elterlichen Obhut in eine Wohngruppe. Es erfordert sehr viel Stärke das eigene Kind trotzdem gehen zu lassen.


Wir haben unsere Klienten gefragt..

Video: "Wie wichtig Betreuer*innen sind?"

  

 


Jedes Kind ist einzigartig mit einer individuellen Persönlichkeit, eigenen Wünsche und unterschiedlichen Temperamente. Menschen mit einer intelektuellen Beeinträchtigung haben, je nach Grad und Entwicklungsstufen, begrenzte Fähigkeiten.

Aufgrund den unterschiedlichen Behinderungsarten und –syndromen kommen aber nochmal ganz unterschiedliche Bedürfnisse hinzu. Ein Kind mit einer Autismusstörung benötigt in anderen Bereichen Unterstützung als eines mit Down-Syndrom. Während das Kind mit Autismusstörung Berührung teilweise nur schwer ertragen kann, müssen junge Menschen mit Trisomie lernen, dass allen Leuten um den Hals zu fallen kein akzeptables Verhalten ist. [13]

Je nach Hilfebedarf kann es sinnvoll sein bestimmte Verantwortungsbereiche an externe Unterstützer abzugeben - nichts muß für Dauer! Das Verständnis von Unterstützung kann dabei weit gefasst werden - von einfachen fachlichen Tipps bis hin zu langfristiger sozio-emotionaler Zuwendung.

Professionelle Helfer können dabei nicht nur bei der Persönlichkeitsbildung, Verselbständigungsphase und Lebensplanung, sondern auch beim Umbau der Eltern-Kind-Beziehung zu einem wichtigen Begleiter werden.

Photo: IB Sued-West gGmbH

Für die Teilung oder Abgabe der Verantwortung für die Unterstützung kann es auf dem Weg zur Ablösung auch Zwischenschritte geben. Z.B. wird bei einem Kind mit schwerem Behinderungsgrad die häuslichen Pflege - zunächst temporär - an einen externen Pflegedienst abgegeben. Die frei werdende Zeit könnte für anderer nötige Aufgaben verwendet werden, um dann die Zeit ganz bewußt für sich selbst (lernen) auszuweiten. Solche "Umstellungen" sind mit Unsicherheit verbunden, vielleicht laufen einige Abläufe anders, aber es sind auch Chancen für Sie und das Kind weitere Lernimpulse zu bekommen.

Ein zentraler Aspekt ist, mögliche Unterstützer vor der Abgabe der Verantwortung zunächst kennenzulernen. Denn Vertrauensbildung braucht ihre Zeit. Wichtig ist es, sich und anderen die benötigte Zeit auch zu geben.

Wünschenswert wäre die aktive Beteiligung der behinderten jungen Menschen an der Planung ihrer zukünftigen Lebensweise. Wenn ihr Entwicklungsniveau es zulässt, sollten sie wählen dürfen in welcher Wohnform, mit welchen Gruppenmitgliedern und – falls irgend möglich – Beteuern sie zukünftig leben wollen. (...) Solche Entscheidungsprozesse können nur gelingen, wenn schon in frühen Lebensphasen angemessen Gelegenheit zur Mitbestimmung gewährt wurde. [14]

Der Psychologe Dr. Rüdiger Retzlaff hat gesagt, „Loslassen fällt leichter, wenn man etwas bekommt“[15] Wenn unter diesem Aspekt das Abgeben von Verantwortung an Unterstützer gesehen werden kann, ist das für die Eltern eine Entlastung und eine Chance für das Kind.


 Was Ihnen helfen könnte:

  • Suchen Sie sich frühzeitig Unterstützung, in Familie, Freundeskreis und bei professionellen Organisationen

  • Nehmen Sie sich Zeit, das nötige Vertrauen aufzubauen