Erwachsenwerden
Website: | ELPIDA Course |
Kurs: | ELPIDA Course - Deutsch |
Buch: | Erwachsenwerden |
Gedruckt von: | Guest user |
Datum: | Samstag, 23. November 2024, 17:44 |
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
Bevor wir mit dem Modul "Übergang zum erwachsenwerden" beginnen, möchten wir Sie einladen, über folgende Fragen nachzudenken:
- Was glauben Sie, wie sich ihr Kind in der Pubertät verhalten wird?
- Wie wird sich ihr Kind während der schwierigen Zeit des erwachsenwerdens fühlen?
- Haben Sie Ideen, wie Sie Ihr Kind während des Übergangs zum erwachsenwerden unterstützen können?
- Welche Möglichkeiten kennen Sie, wie Sie Verantwortungsbereiche im Leben ihres Kindes teilen oder abgeben können?
"Das Kind wird erwachsen und alles ändert sich!"
Diese Phase ist schon unter „normalen“ Umständen für alle Beteiligten oft eine große Herausforderung! Wenn das
Kind zudem intellektuelle beeinträchtigt ist, wird dieser völlig natürliche
Reifeschritt oft als noch schwieriger empfunden.
Bei allen Konflikten und Schwierigkeiten birgt die Phase der Pubertät und der Adoleszenz aber auch große Chancen eine selbstbestimmten Persönlichkeit zu fördern. Der Übergang zum erwachsen werden wird als "ein zentraler Motor der Entwicklung" gesehen.
Um bei diesen Übergang "gut gewappnet" zu sein, haben wir für Sie zentrale Grundlagen, Prozesse, Anregungen und Übungen in folgende Grundstruktur aufgeteilt:
- Mein Kind verstehen
- Mein Kind unterstützen
- Loslassen
- Externer Unterstützer
2. Mein Kind verstehen
Dieses Kapitel informiert Sie über:
- die Pubertät und Adoleszenz im Allgemeinen.
- die Besonderheiten der Pubertät und Adoleszenz eines Kindes mit intellektueller Beeinträchtigung.
- verdeutlicht Gemeinsamkeiten und Unterschiede und hilft
Ihnen, diese besser zu verstehen.
2.1. Pubertät verstehen
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Im psychischen Bereich fühlt sich der Heranwachsende in der ersten Phase der Pubertät häufig unsicher, er wird quasi von den körperlichen Veränderungen „überrumpelt“ und weiß nicht so recht, wie er damit umgehen soll.
Es stellt sich ein erhöhtes Schamgefühl ein, plötzlich zeigt
sich das Kind nicht mehr nackt vor den Eltern. Selbstzweifel und depressive
Verstimmungen sind in dieser Phase nicht selten. Diese können sich jedoch auch
immer wieder mit Wutausbrüchen abwechseln.
Durch den Wachstum und Hormonumstellung ändert sich auch das Verhalten. Der ohnehin durch die körperlichen Veränderungen verunsicherte Jugendliche reagiert auf kleine Anlässe mit heftigen Stimmungsschwankungen. Das männliche Sexualhormon Testosteron kann aggressionssteigernd wirken. Daher neigen gerade Jungen zu aggressiven Durchbrüchen. Die Aggressionen richten sich gegen alles, was sich dem jugendlichen Entfaltungsdrang entgegenstellt, besonders gegen die Eltern und die gesellschaftlich vorgegebenen Regeln und Normen. [1]
Die Palette der Gefühle offenbart sich intensiv in vielen Bereichen. Neben den Wutausbrüchen kommt es zu überschießender Freude und im nächsten Moment Reue über den Wutausbruch. Auch andere „neue“ Emotionen wie Rivalität und Eifersucht werden entdeckt. Der Jugendliche vergleicht und misst sich mit seinen Altersgenossen, im Bestreben ‚der Beste‘, ‚der Coolste‘, der Beliebteste‘ zu sein.
Der Jugendliche befindet sich in einem Spannungsfeld zwischen den kindlich vertrauten Beziehungsformen und neuen, noch nicht erprobten Möglichkeiten. Dies und eine unbekannte Zukunft lösen einen Aufruhr der Gefühle aus. Abschiedsschmerz und Trauer über das Ende der Kindheit, Angst vor dem Verlust der Sicherheit, Unsicherheit, auch im 'neuen' Körper und Selbstzweifel stehen gegen Hoffnung und Zuversicht, Vertrauen in die eigene Stärke und Wut auf alles, was sich den Zielen entgegenstellt
In dieses Gefühlschaos kommt die Frage der sexuellen „Identitätsfindung“: Wer bin ich als Mann oder Frau? Wie fühle ich mich in dieser Rolle? Wie wirke ich auf andere? Denn durch die hormonelle Veränderung ist das Interesse an möglichen Partnern erwacht.
In diesem Kapitel beleutchten wir näher das Verhalten während
der Pubertät und Adoleszenz. In dem
Modul
„sexuelle Gesundheit“ werden die körperlichen Aspekte genauer
beschrieben, siehe dort z. B. das Kapitel "Pubertät".
"Das Konzept der Entwicklungsaufgaben" von Prof. Robert
Havighurst, 1948 zum ersten Mal postuliert, hat auch heute noch Gültigkeit [2]. Demnach hat der Mensch entsprechend seines jeweiligen Lebensabschnittes Aufgaben, die es zu bewältigen gilt. So sind dies in Pubertät und Adoleszenz [3]:
- Autonomie/Ablösung von den Eltern erlangen
- Die eigene Identität in der Geschlechtsrolle finden
- Ein eigenes System von Moral- und Wertvorstellungen aufbauen
- Eine eigene Zukunftsperspektive entwickeln und/oder eine Berufswahl treffen
2.2. Adoleszenz verstehen
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Der Begriff 'Adoleszenz' meint den geistigen Reifeprozess nach der Pubertät. In
dieser Phase ist der Heranwachsende mit verschieden Entwicklungsaufgaben konfrontiert.
Mit der Beantwortung folgender drei Fragen möchten wir den zentralen Entwicklungsaufgaben und dem Begriff ´Adoleszenz' näher kommen:
-
Wie entwickelt sich eine eigene Identität? (2.2.1)
-
Wie entwickeln die Heranwachsende eine eigene Zukunft? (2.2.2.)
-
Wie werden junge Menschen unabhängig und eigenständig? (2.2.3.)
„Die Adoleszenz ist
eine Lebensphase des Umbruchs, in der die Jugendlichen mit ihren körperlichen
Veränderungen fertig werden müssen, sich von den Eltern loslösen, neue Beziehungen
zu Gleichaltrigen aufbauen, ihre sexuellen Bedürfnisse integrieren und eine
neue soziale und erste berufliche Identität entwickeln“ [4].
2.2.1. Entwicklung einer eigenen Identität - Wie entwickelt sich eine eigene Identiät?
„Ist der pubertäre Prozess (Identitätssuche) abgeschlossen – in der Adoleszenz setzt er sich in abgemilderter Form fort - , so beginnen im jungen Erwachsenenalter die selbstständige Lebensführung und die schrittweise konstruktive Integration in die Gesellschaft, die sich unter anderem durch die vielfältige Gestaltung selbstgewählter Beziehungen auszeichnet“ [5]
Festzustellen „Ich bin ein eigener Mensch“ ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zum Erwachsen Sein. Auf der psychologischen Ebene richtet sich die eigene Orientierung nicht mehr vorrangig an Werten und Lebensweise der Eltern, sondern an Menschen und Dingen außerhalb der Familie aus. Die Idole der Kindheit weichen den Stars und Sternchen aus den Medien, Frisuren und Aussehen werden ausgiebig mit denen von Freunden und Klassenkameraden verglichen. Die Eltern werden immer wieder in Frage gestellt.
Auf der kulturellen Ebene entwickelt sich ein persönlicher Lebensstil, der sich oft grundlegend von dem der Eltern unterscheidet. Es ist möglich, dass von einem Tag auf den anderen das rosa Mädchenzimmer einer schwarzen Höhle weicht oder der Musikgeschmack sich völlig ändert.
Siehe auch "Identität" im Modul "sexuelle Gesundheit".
2.2.2. Entwicklung einer Lebensperspektive - Wie entwickeln die Heranwachsende eine eigene Zukunft?
Die eigene Lebensplanung und die Perspektiven für das weitere Leben gehören zu den Dingen, die sich im Laufe der Kindheit noch häufig ändern. Die Berufswünsche variieren von Lokführer bis Astronaut. In der Adoleszenz müssen die Pläne konkret werden. Im Laufe der Zeit entwickelt eine eigene intellektuelle und soziale Kompetenz, die ihm ermöglicht, selbstverantwortlich schulischen und später beruflichen Qualifikationen nachzukommen.
In der Biografieplanung von Jugendlichen ist festzustellen, dass für sie auch heute noch Berufswahl und Familiengründung einen hohen Stellenwert haben. [6]
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Arbeit und Beruf
Wenn das Ende der Schulausbildung näher kommt, wird das Thema Berufswahl immer wichtiger. Der Wunsch ist auf der materiellen Ebene eine finanzielle und wirtschaftliche Selbständigkeit und damit die finanzielle Unabhängigkeit vom Elternhaus. Der Fokus liegt unter anderem im Verdienst und in den Karrieremöglichkeiten. Die Jugendlichen bewerten die eigenen Berufswünsche und die Vorschläge, die ihnen von Eltern und Lehrern gegeben werden, auf ihre Realisierbarkeit und die gesellschaftliche Akzeptanz. [7]
Bei der Wahlentscheidung kommt sowohl den Eltern als auch Freunden eine orientierende Funktion zu. Es besteht ein starker Wunsch nach mehr Information und praktischen Erfahrungen im Vorfeld der Berufsentscheidungen.
Wohnen
Der nächste Entwicklungsschritt ist die räumliche Trennung von den Eltern, die erste eigene Wohnung. Dieser Schritt erfolgt aufgrund langwierige Ausbildungen und den Schwierigkeiten, eine Arbeitsstelle zu finden, häufig erst später im Lebenslauf. Zudem halten die jungen Erwachsenen es heute sehr viel länger im elterlichen Haushalt aus wie früher. Dies mag ökonomische Gründe haben, weil Wohnungen rar und teuer sind. Es kann auch sein, dass die Notwendigkeit eines frühen Auszuges nicht mehr so gesehen wird.
Familie
Die eigene Familiengründung wird ebenfalls häufig auf später verschoben und statt dessen zunächst die Karriere verfolgt [8]. Eine eigene Familie sehen sie als sozialen Rückzugsort. Auch wenn die Familiengründung heute in der Lebensplanung weiter nach hinten geschoben wird, ist sie immer noch ein angestrebtes Ziel. Solange keine eigene Familie existiert, bleiben die Eltern meist der erste Anlaufpunkt in Krisenzeiten.[9]
Freundschaften, Peergroup (Clique) und Beziehungen
Zu anderen Menschen und zu einer Gruppe dazu zugehören und sich als Teil der Gesellschaft zu verstehen, spielt für die Entwicklung des Selbstbildes und für das Wohlbefinden eine wichtige Rolle. In der Adoleszenz werden die Beziehungen zu Freunden immer wichtiger. Die Beziehungen zu Gleichaltrigen erfüllen verschiedene wichtige Funktionen:
Man kann nicht nur im geschützten Rahmen verschiedene Rollen und „Identitäten“ auszuprobieren, die Peergruppe ist auch ein unersetzbares Übungsfeld, um Prinzipien der Gegenseitigkeit einzuüben, wie das Aushandeln oder das Teilen von Meinungen. Dadurch können, unabhängig von den Eltern, eigene Werte entstehen – eine wichtige Entwicklungsaufgabe.
Ferner erfahren die jungen Leute bei Freunden Bestätigung und Geborgenheit, sowie Rückhalt bei Konflikten mit Eltern und Schule. Durch den Rückhalt in der peer-group wird die emotionale Ablösung von den Eltern erleichtert. Die Freunde helfen bei der Loslösung und bei der Suche nach einem eigenen Lebensstil. Häufig stellt sich im Konfliktfall der Jugendliche gegen die Eltern, die Anerkennung seiner Freunde und die Zugehörigkeit zur Gruppe ist ihm wichtiger. Dass die Normen und die Bewunderung der peer-group wichtiger sind als der Geschmack der Eltern, kann jeder nachvollziehen, der bereits mit einem Teenager über den angesagten Kleiderstil diskutiert hat. [10]
Ein weiterer wichtige Aufgabe auf dem Weg zur Persönlichkeit ist die Auseinandersetzung mit dem Rollenverständnis als Mann oder Frau: Das was in der Gruppe als geschlechtstypisch gilt, bestimmt den Rahmen der persönlichen Entwicklung [11] Wie sich Freunde im Umgang mit dem anderen Geschlecht verhalten, was ältere Gruppenmitglieder tun und was die Eltern vorgelebt haben, sind die Vorbilder an denen sich das Rollenverständnis des jungen Menschen orientiert.
In der Clique werden alle für die Gruppe interessanten
Themen diskutiert. Natürlich auch die Berufswahl. Es kann bei einem strikten
Rollenverständnis sein, dass von der Gruppe Druck ausgeübt wird, wenn ein
junger Mann eine geschlechtsuntypische Tätigkeit ausüben möchte. Es erfordert
dann eine stabile Persönlichkeit und Unterstützung von den Eltern um bei den
eigenen Plänen zu bleiben. In wichtigen Lebensfragen bleiben die Eltern bei
einer stabilen Beziehung immer die Ansprechpartner und Unterstützer. [12]
Die zunächst häufige Schwarz-Weiß-Sicht wird im Laufe der Adoleszenz gemäßigt. Die Fähigkeit auch Gegenargumente zu berücksichtigen und sich ein differenziertes Urteil zu bilden nimmt mit der geistigen Reife zu. Ein Heranwachsender, der sich in Diskussionen mit anderen auseinandersetzen kann, widersprüchliche Aussagen reflektieren und seine eigene Meinung vertreten, hat einen großen Schritt zur eigenen Persönlichkeit geschafft.
Eine weitere wichtige Aufgabe ist das Erlernen der
„Beziehungsfähigkeit“, z.B. „Wie trete ich in Kontakt mit anderen Menschen und
beginne eine Beziehung?“, „Wie halte ich Freundschaften aufrecht?“, „Wie eng
möchte ich den Kontakt?“, „Wie gehe ich mit Abbrüchen um?“ Nur in diesem Feld
können versciedene Grade der Intimität un der Freundschaft gelernt werden. [13]
2.2.4. Entwicklung von Unabhängigkeit und Selbständigkeit - Wie entwickelt sich Autonomie?
Die Entwicklung zur Selbstständigkeit beginnt mit ersten Alleingänge des Kindes. Für die ganz kleinen, ein Spielnachmittag ohne Eltern bei Freunden. Das eigene Taschengeld für eigene Wünsche ausgeben. Für die größeren weitet sich dies aus zu Übernachtungen bei der besten Freundin, Wochenenden mit der Clique und dem ersten Urlaub allein ohne Aufsichtspersonen. Die Jugendlichen bereiten sich auf das eigene Leben vor.
Eine wesentliche Entwicklungsaufgabe besteht darin, den schulischen und beruflichen Herausforderungen in wachsendem Maße in Selbstverantwortung nachzugehen. Je mehr Aufgaben erfolgreich gemeistert werden, umso stärker kann sich das Selbstbewusstsein ausbilden.
Folgende Prozesse lassen sich als zentral für die "Entwicklung der psychischen Eigenständigkeit " zusammenfassen (Stroß 1994, 409ff):
- Ablösung von den Eltern
- Weiterentwicklung der eigenen Identität
- Moral- und Wertvorstellungen aufbauen und entsprechend handeln
- Entwicklung und Stabilisierung von Verhaltens-, Denk, und
Erlebensformen und die Auseinandersetzung mit dem eigenen Alter
- Zukunftsperspektive entwickeln mit dem Ziel, materiell eigenständig zu werden und einen Beruf auszuüben
- Übernahme erwachsener sozialer Rollen, u.a. durch Berufstätigkeit, Partnerwahl und Partnerschaft, Ehe und Elternschaft
2.3. Besonderheiten bei Menschen mit einer intellektuellen Beeinträchtigung
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Bei Heranwachsenden ohne Behinderung wird das Bestreben nach Autonomie und Selbständigkeit meist von den Eltern unterstützt. Es findet zunehmend eine Gleichberechtigung statt. Versuche auf Seiten des Kindes mit intelektueller Beeinträchtigung, Macht, Eigenverantwortung und Selbstbestimmung zu erlangen, werden von vielen Eltern als belastend erlebt. Vor allem, wenn dies anhand von schwierigen Verhaltensweisen geschieht. [14]
Vielen Eltern fällt es schwer, das Kind als erwachsen zu akzeptieren, weil die sprachlichen und kognitiven Fähigkeiten das kindliche Fähigkeitenniveau nicht überschreiten. Dadurch wird das Entwickeln von mehr Autonomie erschwert. Die Gefahr ist eine Fixierung auf die Stufe des „ewigen Kindseins“ (Klauss 1988,111 ff). "Dass sich viele Menschen mit einer geistigen Behinderung ein eigenständiges […] Leben nicht zutrauen, hängt oft auch damit zusammen dass sie dies nicht genug anbahnen und ausprobieren konnten". [15] Aufgrund der kognitiven Einschränkung wird der Selbsteinschätzung des Jugendlichen oft weniger getraut: Manchmal müssen notwendig erscheinende Grenzen massiv durchgesetzt werden. Die Gefahr, dass die Jugendlichen aber zu stark eingeschränkt werden, ist sehr groß
Diese Kapitel verschafft Ihnen einen Überblick über die Besonderheiten bei dem Übergang
des erwachsenwerdens bei intelektuell beeinträchtigen Menschen. Folgende Punkte halten wir für besonders wichtig:
- Entwicklungsstufen verlaufen ungleichzeitig (2.3.1.)
- Kognition als Ressource fehlt (2.3.2.)
- Ablösesymptome nicht immer als solche erkennbar (2.3.3.)
- Körperliche Reifung als Entwicklungschance (2.3.4.)
- Die Peergroup als soziale Ressource (2.3.5.)
- Der Antrieb zur Ablösung ist fragil - die Bedeutung der besonderen Abhängigkeit (2.3.6.)
2.3.1. Entwicklungsstufen verlaufen ungleichzeitig
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Menschen mit intelektuellen Beeinträchtigungen durchlaufen, wie
alle anderen, die körperlichen Aspekte der Pubertät. Diese verläuft prinzipiell
gleich, eventuell differieren die Zeiten. So setzt die Pubertät zum Teil bis zu
5 Jahre später ein und dauert oft länger.
Die psychische Struktur von geistig behinderten Menschen
weicht ebenfalls nicht prinzipiell von nichtbehinderten Menschen ab. So lässt
sich jedes „Entwicklungsmerkmal“ eines
Durchschnittsmenschen unter bestimmten Voraussetzungen oder zu
irgendeinem Zeitpunkt der Entwicklung eines geistig behinderter Menschen
nachweisen. [16]
Die kognitive und emotionale
Entwicklung driften auseinander! Jedoch wichtig ist, die kognitive Entwicklung nicht als
Maßstab für Entwicklung insgesamt zu sehen.
„Die Notwendigkeit, als Kind sich in der Pubertät von den Eltern zu
lösen und eine gewisse innere Selbständigkeit zu erreichen, ist eine
Reifungsaufgabe, die [...] von der intellektuellen Entwicklung weitgehend
unabhängig ist“. [17]
Der tabellarische Auszug über kindlicher Entwicklung zeigt den Verlauf zwei wichtige Entwicklungsbereiche (es gibt noch andere) - der sozio-emotionale und der kognitive:
Eltern und Begleitenden können den Entwicklungsstand der
Person mit geistiger Beeinträchtigung erkennen, indem sie versuchen anhand der
Tabelle das kognitive und dann das emotionale Alter zu bestimmen.
Der Person sollte dann auf der jeweiligen Entwicklungsstufe
begegnet und die verschiedenen Entwicklungsbereichen sollten unterschiedlich
gestärkt werden, damit die Person die nächste Entwicklungsstufe erreichen kann. Erst wenn eine Entwicklungsaufgabe / -Stufe erfolgreich erreicht wurde, kann die nächste begonnen werden. So kann eine gesunde Entwicklung gefördert werden.
[18]
2.3.2. Kognition als Ressource fehlt
Abstraktes Denken hilft, Erlebnisse zu verarbeiten und für
sich einzuordnen.
Ein Grundschulkind kann z.B. bei angemessenen
Problemstellungen logisch denken und die Erfahrungen überprüfen. Es bleibt aber
immer in dem, was es hier und jetzt sieht oder erlebt. Erst während der
Pubertät bildet sich die Fähigkeit
abstrakt zu denken voll aus. Das Kind kann jetzt logische Konsequenzen aufgrund
von theoretischen Grundsätzen herleiten.
Bei Menschen mit intelektueller Beeinträchtigung ist die Fähigkeit zum abstrakten Denken - je nach Grad der Behinderung - weniger stark ausgeprägt. Die Möglichkeit zur Reflexion der stattfindenden Veränderung ist oft nicht gegeben.
Die hormonell bedingten Begleiterscheinungen der Pubertät, wie Stimmungsschwankungen oder plötzliche Wutausbrüche, und die Reaktionen der Umwelt bei Äußerunge des eigenen Willens, können von geistig beeinträchtigten Menschen darum häufig nicht gut eingeordnet werden. Sie fühlen sich diesem Geschehen oft hilflos ausgesetzt. [19]
Die Jugendlichen nehmen jetzt auch deutlicher Grenzen wahr, was häufig mit schmerzhaften Prozessen verbunden ist: Besucht z.B. ein intelektuell beeinträchtigtes Kind eine integrative Schule oder hat ein gewachsenes soziales Umfeld, kommen während der Pubertät die zunehmenden kognitiven Diskrepanzen deutlicher zum Vorschein . Oftmals ziehen sich gleichaltrige Jugendliche dann mehr und mehr zurück. Das Anderssein wird von dem Heranwachsenden schmerzlich erlebt. Er fühlt sich immer häufiger ausgegrenzt und die gesteigerte Rivalität bricht umso heftiger hervor.
Ein Jugendlicher, der in einem Heim aufgewachsen ist, leidet dagegen eher unter den Grenzen, die in dieser Umgebung aufgestellt sind. Er möchte frei wie 'normale' Jugendliche leben. Der Alltag ist jedoch oft relativ strukturiert und auf das Zusammenleben in einer größeren Gruppe ausgelegt. Der individuelle Loslösungs- und Expansionsdrang kann in diesem Kontext oft weniger verwirklicht werden.
Mit welchen Grenzen Jugendliche auch ringen, es kann zu emotionalen Frustrationen und Verletzungen kommen. Diese werden oft mit aggressivem, regressivem oder depressiven Verhalten beantwortet. [20]
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2.3.3.
Ablösesymptome nicht immer als solche erkennbar
„Die offensichtlichen und verdeckten Ablösungs- und
Verselbständigungsimpulse der heranwachsenden oder schon erwachsenen Töchter
und Söhne werden von Eltern nicht selten als behinderungsspezifische Probleme
eingeordnet und nicht als notwendige Reifungsschritte auf dem Weg zum Erwachsenwerden
verstanden und unterstützt, ein Faktor, der als Ablösungserschwernis viel zu
wenig Beachtung findet“. [21]
Für Jugendliche mit intelektuellen Einschränkungen ist wichtig,
dass Bezugspersonen ein verändertes Verhalten als positives Zeichen der
Entwicklung ernst nehmen. Das ist nicht immer einfach. So können z.B.
Regelverletzungen oder Verweigerungen als „einfaches“ Disziplinproblem
verstanden werden, obwohl der oder die Jugendliche gerade versucht, neue
Freiräume für sich zu erkämpfen.
Besonders dann, wenn die Möglichkeiten der
sprachlichen Auseinandersetzung eingeschränkt sind, ist es für beide, Eltern
und Kinder, schwierig zu verstehen, „was eigentlich los ist“. Wenn es aber
„eigentlich“ um das Thema Ablösung geht und die Bezugsperson dies nicht
aufgreift, bleibt der oder die Jugendliche hilfloser zurück als zuvor.
Manchmal bleiben ihnen dann nur Wut oder Resignation und Rückzug. Wenn sie in ihren Ablösungsversuchen nicht verstanden werden, fehlt den Jugendlichen die Unterstützung, um sich abzunabeln.
Was das bedeutet und wie Sie Ablösesymptome als solche erkennen können, wird im Modul unter Kapitel 3.1.1. beschrieben.
2.3.4. Körperliche Reifung als Entwicklungschance
„Selbst bei schwerstbehinderten Menschen, die den geistigen Entwicklungsstand eines dreimonatigen Säuglings nicht überschreiten, zeigen sich hormonell bedingt die affektiven Begleiterscheinungen der Pubertät. (…) Auch ein geistiges Erwachen lässt sich selbst bei Schwertbehinderten beobachten. (...) So ist auch für den geistig behinderten Menschen die Pubertät eine Zeit des Umbruchs, die die Gesamtpersönlichkeit erfasst und neue Entfaltungschancen eröffnet. Welche Entwicklungsschritte jedoch tatsächlich vollzogen werden können, hängt ab von der Art und dem Grad der Behinderung.“[22]
Die körperlichen Veränderungen verunsichern manche Menschen mit kognitiver Beeinträchtigung so sehr, dass sie diese weitestgehend ignorieren. So tragen manche Mädchen mit dem Beginn der Ausbildung der Brust extra weite Pullover um diese zu kaschieren. Siehe Punkt "Auffälliges Verhalten als Ablösesymptome wahrnehmen".
Frau Dr. Senckel betont jedoch, dass die körperliche Entwicklung
auch bei Menschen mit komplexen Beeinträchtigungen ein Motor für einen sozialen
Entwicklungsschub sein kann. Wichtig ist, dies wahrzunehmen und zu
unterstützen.
Sie berichtet von einem schwerstbehinderten Mann, der bis Mitte 20 alle Annäherungsversuche abgewehrt hat. Dieses Verhalten änderte er mit Beginn seiner Pubertät. Er nahm Kontakt zu anderen Menschen auf, griff sogar zaghaft nach seinen Betreuern. Das hätte ihm niemand zuvor zugetraut. [ebd.]
Zur Unterstützung der sexuellen Entwicklung und zu
Wichtigkeit von sexuellen Erfahrungen in Pubertät und Adoleszenz siehe Modul Sexuelle Gesundheit.
Zeit der Veränderung auch auf neurobiologischen Gebiet:
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Zu den neurologischen Phänomenen während der Adoleszenz gehört auch ein Umbau des Hirngewebes. So bauen sich mit Beginn der Pubertät im Gehirn sehr viele Nervenverbindungen ab, die nicht mehr genutzt werden. Die graue Substanz, sie bildet die Nerven der Großhirnrinde, verringert sich messbar und die weiße Substanz, die für den schnellen Informationsaustausch zuständig ist, vermehrt sich. Das jugendliche Gehirn steigert seine Rechenleistung bis zu 3000fach. Die Jugendlichen verlernen das nicht benötigte oder nicht abgefragte. Dafür werden sie schneller in Aufmerksamkeit und Entscheidungen. [23]
2.3.5. Die Peergroup als soziale Ressource
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Die Peergroup ist auch für intellektuell beeinträchtigte
Jugendliche eine wichtige Ressource für die Entwicklung in Pubertät und
Adoleszenz.
"Innerhalb der Peergroup suchen die behinderten Jugendlichen ihren Status; ein rivalisierendes Messen, die aggressive Auseinandersetzung und unterwürfige Hörigkeit bleiben nicht aus. Doch es können sich auch tragfähige Freundschaften entwickeln, so dass neue Formen des Sozialverhaltens erlernt werden. Selbstverständlich erwacht mit dem Sexualtrieb auch das Interesse am anderen Geschlecht. Auch hier ähneln die Sehnsüchte denen der nichtbehinderten, und gelungene Freundschaften erfüllen einen wichtigen durch die Erwachsenen nicht leistbaren Beitrag zur Identitätsentwicklung.“ [24]
Die Ressource ist für sie allerdings schwerer zugänglich.
Die Jugendlichen sind in der Regel in ihrer Mobilität und Selbständigkeit
eingeschränkt. Sie haben es schwerer, Beziehungen zur Peergroup außerhalb der
Familie und außerhalb der Schule aufzubauen und zu pflegen. Kontakte finden
zudem meist unter Aufsicht statt und werden von Bezugspersonen
geregelt. Es ist für sie auch schwieriger, sich in soziale Infrastrukturen
ihrer örtlichen Umgebung einzubringen und diese zu nutzen. Sie trauen sich z.B.
oft nicht ins städtische Jugendhaus [25]
Eine besondere Schwierigkeit ist demnach für Jugendliche mit Beinträchtigung, dass sie für Begegnungen in der Peer Group häufig von der
Organisation durch Eltern und Bezugspersonen abhängig sind. Sie
sind weniger Risiken ausgesetzt. Und haben damit auch ein eingeschränktes
Übungsfeld. Sie leben mit einem Widerspruch: Begegnungen in der Peer Group als Stütze
bei der Ablösung von den Eltern muss durch die Eltern akzeptiert und begleitet
werden. [21]
Weiteres zur Bedeutung der Peer-Group und wie Sie ihr Kind
darin unterstützen können in Kap. 2.2. und 3.1.2.
2.3.6.
Der Antrieb zur Ablösung ist fragil - die Bedeutung der besonderen Abhängigkeit
„Was würde aus einem Menschen ohne Ablösung von der Familie? Wer von Ihnen lebt noch bei Mutter und Vater? Von ihnen abhängig, und auf das enge Lebensumfeld der Familie begrenzt? Es gibt Menschen, bei denen wird –(…)– ein solches Leben idealisiert.“ [26]
Die Heranwachsenden mit Beeinträchtigung wollen sich aus der Abhängigkeit von den Eltern befreien. Dies bedeutet, sie haben einen Drang nach draußen und die Freunde werden wichtiger.
Gleichzeitig sind sie in vielen Dingen von der Unterstützung
durch die Familie abhängig. Sie benötigen Unterstützung im Alltag, bei der
Körperpflege, bei der Pflege sozialer Kontakte und bei vielem mehr.
„Was die Einstellung zu den eigenen Wünsche und Fähigkeiten angeht, so zeigt sich bei vielen Heranwachsenden mit Behinderung eine Ambivalenz: Auf der einen Seite wünschen sie sich mehr Unabhängigkeit, Selbstbestimmung und Eigenständigkeit. Sie möchten leben, wie andere auch´. Doch je mehr sie sich der Tatsache bewusst werden, dass sie von Unterstützung abhängig sind, die ihre Eltern ihnen bieten, desto mehr kommen ihnen Bedenken, diese Sicherheit zu verlieren." [27]. Die Fürsorge der Eltern war und ist immer noch überlebenswichtig.
Diese Ambivalenz zieht sie zurück in den Familienkreis. In diesem Spannungsfeld befinden sich junge Menschen mit geistiger Beeinträchtigung noch mehr als andere. Der Antrieb zur Ablösung ist somit sehr verletzlich. Die Eltern wissen um die Abhängigkeiten ihres Kindes und diese lösen sich nicht auf, weil ein pubertierender Teenager sie auf einmal nicht mehr will. [28] Insofern ist das Kind mit geistiger Behinderung auch in der Frage der Ablösung von den Eltern abhängig: Die Eltern selbst müssen sich mit Ablösung beschäftigen und auch für sich neue Zukunftsperspektiven entwickeln. Damit stellt sich auch die Frage, wer die nötige Unterstützung des Kindes in Zukunft leisten soll. Dabei sind die Eltern oft diejenigen, die hier Maß und Tempo von Schritten vorgeben (müssen).
Was Eltern selbst beim „Loslassen“ hilft, ist in Kapitel 4 beschrieben
Eine weitere Schwierigkeit für die Eltern-Kind-Beziehung in
der Pubertät ist die Aufgabe der Eltern das Kind bestmöglich zu fördern. Diese
Aufgabe ist gesellschaftlich vermittelt. Sie wird von Anfang an, an Eltern
herangetragen und ist für sie
zwiespältig. Die Eltern sollen ihr Kind annehmen wie es ist und
gleichzeitig sollen sie dafür sorgen, dass es sich verändert und so „normal wie
möglich“ wird. Dies bedeutet weiterer Druck auf die Verantwortlichen. Ein Kind
soll in der Gesellschaft möglichst unauffällig funktionieren. So ist es vielen
peinlich, wenn ein Kind in einem öffentlichen Raum auf einmal schreit. Bei
einem kleinen Kind wird dieses Verhalten noch belächelt, bei einem behinderten
Jugendlichen oft nicht mehr.
Wieviel (unbeobachtetes) Experimentieren kann in
der Öffentlichkeit toleriert werden? „ [N]egative Reaktionen von z.B.
Verwandten oder der Öffentlichkeit können die Enge einer Familien verstärken, so
dass eine große Intimität im familialen Umgang entsteht (..) und das Kind
zusätzlich in seiner abhängigen Behindertenrolle und in der Unselbstständigkeit
festgehalten wird". [29]
Was ist in welcher Situation noch angemessen? Das ist nicht
einfach, Jugendlichen benötigen Herausforderungen, denn Herausforderungen sind
immer mit Risiken verbunden. Die Jugendlichen können sich auf Grund ihrer
Einschränkungen jedoch oft weniger vor Verletzungen schützen. Bei
Überforderungen drohen Rückschritte in der Entwicklung. Dies kann so weit
führen, dass die Welt da draußen ihnen
zu gefährlich erscheint und sie sich noch enger an die Eltern binden. Dennoch
sind auch Grenzerfahrungen wichtig. Denn wenn die Entwicklungsaufgaben der
Loslösung dauerhaft auf später verschoben wird, wird sie immer schwerer. Die
äußeren Anreize müssen dann noch stärker werden. [30]
Junge Menschen müssen in diesem Prozess viele eigene Ängste
aushalten, dazu nehmen sie meist auch die Ängste ihrer Umwelt, ganz besonders der
Eltern, sehr deutlich war. Solche Ängste sind oft nicht zu greifen, aber
dennoch spürbar. Das verunsichert Jugendliche zusätzlich, vor allem dann, wenn
sie befürchten müssen, die Unterstützung der Eltern zu verlieren. Wenn also der
Wunsch nach einem eigenen Leben die Beziehung zu den Eltern ihrer Einschätzung
nach zu stark gefährdet, muss er abgewehrt werden. Die einfachste Möglichkeit
ist auch hier die engere Bindung an die Eltern, die Abhängigkeit wird verstärkt. [31]
Für ihr Kind ist es sehr hilfreich über ihre und seine Ängste zu sprechen und es zu ermutigen, die Welt „auf eigene Faust“ zu
entdecken. Anregung, wie sie mit ihrem Kind sprechen können finden sie auch im Modul "Kommunikation".
Weiter Hinweise, wie sie ihr Kind unterstützen bei den verschiedenen Entwicklungsaufgaben unterstützen können finden Sie im nächsten Kapitel.
Übung: "Mobiliäts-Training"
Erstellen Sie zusammen mit ihrem Kind eine Wegbeschreibung zu einem bestimmten Ort, Geschäft, (???).
Anbei finden Sie eine Anregung für die Planung: Mobilitäts-Training
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2.4. Quellenangaben
1 Senckel Barbara (2015), Mit geistig Behinderten leben und arbeiten. C.H.Beck, München. S. 211
2 Havighurst, Robert J (1949): Adolescent Character and Personality, Chicago
3 Hurrelmann, Klaus; Bauer, Ullrich: Einführung in die Sozialisationstheorie, Beltz, 2015
4 Streeck-Fischer, Annette (2004): Adoleszenz – Bindung – Destruktivität, Bucheinband, Klett-Cotta, Stuttgart)
5 Senckel, Barbara (2015): Mit geistig Behinderten leben und arbeiten. C.H.Beck, München. S. 180
6 Albert, Mathias; Hurrelmann, Klaus; Quenzel, Gudrun: Jugend 2015: 17. Shell Jugendstudie. Shell Deutschland (Hg)
7 Albert, Mathias; Hurrelmann, Klaus; Quenzel, Gudrun: Jugend 2015: 17. Shell Jugendstudie. Shell Deutschland (Hg)
8 Papastefanou, Christiane (2000): Der Auszug aus dem Elternhaus. Ein vernachlässigter Gegenstand der Entwicklungspsychologie - In: ZSE : Zeitschrift für Soziologie der Erziehung und Sozialisation 20,S. 55-69
9 Fend, H. 2005. Entwicklungspsychologie des Jugendalters Taschenbuch. WS Verlag für Sozialwissenschaften. 3. Aufl. Wiesbaden. S. 309
10 Senckel, Barbara (2015): Mit geistig Behinderten leben und arbeiten. C.H.Beck, München. S.93
11 Wetzstein, T.A.; Erbeldinger, P.I.; Hilgers, J.; Eckert, R. (2005): Jugendliche Cliquen. Zur Bedeutung der Cliquen und ihrer Herkunfts- und Freizeitwelten. Springer. S. 20f
12 Budde, J.;Debus, K.; Krüger,S.(2011): Ich denk nicht, dass meine Jungs einen typischen Frauenberuf ergreifen würden. Intersektionale Perspektiven auf Fremd- und Selbstrepräsentationen von Jungen in der Jungenarbeit. In: Gender: Zeitschrift für Geschlecht, Kultur, Gesellschaft; Jg. 3, S. 119-127.
13 Fend, H. 2005. Entwicklungspsychologie des Jugendalters Taschenbuch. WS Verlag für Sozialwissenschaften. 3. Aufl. Wiesbaden. S. 309
14 Klauss, T./ Wertz-Schönhagen, P. (1993): Behinderte Menschen in Familie und Heim – Grundlagen der Verständigung und Möglichkeiten der Kooperation zwischen Eltern und Betreuern. Weinheim
15 Ekert, B.; Ekert, C. (2010): Psychologie für Pflegeberufe. Thieme, Stuttgart
16 Senckel, Barbara (2015): Mit geistig Behinderten leben und arbeiten. C.H.Beck, München. S.97
17 Lempp, R.: Lebensphasen – Lebensorte. Schwierigkeiten des Erwachsenwerdens für geistig behinderte Menschen. In: Wacker, E./ Metzler, H. (Hrsg.): Familie oder Heim. Unzulängliche Alternativen für das Leben behinderter Menschen? Frankfurt/Main 1989, S.152-168
18 Senckel, Barbara (2014), Entwicklungsfreundliche Beziehung
19 Senckel, Barbara (2015): Mit geistig Behinderten leben und arbeiten. C.H.Beck, München. S.98
20 Langner, Anke 2009: Behindert werden in der Identitätsarbeit. Jugendliche mit geistiger Behinderung – Fallrekonstruktionen. Wiesbaden: VS-Verlag
21 Hennies, I.; Kuhn E. J. (2004): Ablösung von den Eltern. In: Wüllenweber, Ernst (Hg.): Soziale Probleme von Menschen mit geistiger Behinderung. Fremdbestimmung, Benachteiligung, Ausgrenzung und soziale Abwertung. Stuttgart: Kohlhammer. S.135
22 Senckel, Barbara (2015): Mit geistig Behinderten leben und arbeiten. C.H.Beck, München. S.97f
23 Giedd, Jay (2002), Psychiater: Interview https://www.pbs.org/wgbh/pages/frontline/shows/teenbrain/interviews/giedd.html
24 Senckel, Barbara (2015): Mit geistig Behinderten leben und arbeiten. C.H.Beck, München. S.100
25 Uphoff, G; Kauz, O; Schellong, Y (2010): Junge Menschen mit geistiger Behinderung am Übergang zum Erwachsenwerden – Bildungsprozesse und pädagogosche Bemühungen. In: Zeitschrift für Inklusion, Ausgabe 01/2010
26 Klauss, T. (2015): Menschen mit geistiger Behinderung – Ablösung vom Elternhaus (Winnenden 13 11 2015 S.15)
27 Klauss, T. (2015): Menschen mit geistiger Behinderung – Ablösung vom Elternhaus (Winnenden 13 11 2015. S.15)
28 Hennies, I.; Kuhn E. J. (2004): Ablösung von den Eltern. In: Wüllenweber, Ernst (Hg.): Soziale Probleme von Menschen mit geistiger Behinderung. Fremdbestimmung, Benachteiligung, Ausgrenzung und soziale Abwertung. Stuttgart: Kohlhammer.
29 Thiersch, H. : Lebensweltorientierte Soziale Arbeit, 1992, 9. Auflage, Weinheim 2014
30 Havighurst, Robert J (1949): Adolescent Character and Personality, Chicago
31 Hennies, I.; Kuhn E. J. (2004): Ablösung von den Eltern. In: Wüllenweber, Ernst (Hg.): Soziale Probleme von Menschen mit geistiger Behinderung. Fremdbestimmung, Benachteiligung, Ausgrenzung und soziale Abwertung. Stuttgart: Kohlhammer
3. Mein Kind unterstützen
Photo: IB Sued-West gGmbH
„Solange das Kind noch klein ist, gibt es oft ein dichtes
Netz von Hilfsangeboten: Beratungsstellen, Elterngruppen, Frühförderstellen und
einiges mehr. Doch wenn das Kind älter wird, fühlen sich die Eltern oft allein
gelassen. […] Elterngruppen gehen wieder auseinander, weil die Behinderungen der Kinder und ihre
Entwicklungen so unterschiedlich verlaufen, dass die Interessen der Familien
auseinanderdriften. Bruder oder Schwester kommen in die Pubertät und setzten
sich mit dem behinderten Kind heftig auseinander, was für Eltern schwer zu
ertragen ist. Auch das behinderte Kind verändert sich. Es kommt in die Pubertät
und zeigt vielleicht Verhaltensbesonderheiten, weil es selbstbestimmter Leben
möchte. Doch ein Kind mit Behinderung lebt stärker in Abhängigkeit von den
Eltern als andere Kinder: Wie kann sich ein Mensch bei dieser Abhängigkeit
abnabeln?“[1]
Wie kann ich mein Kind auf dem Weg zum Erwachsenwerden
unterstützen? Wie kann es, trotz seiner speziellen Bedürfnisse, ein möglichst
selbstbestimmtes Leben führen? Was möchte und kann ich meinem Kind beim erwachsen werden mitgeben? Mit solchen Fragen sehen sich viele Eltern von Kindern mit Beeinträchtiung konfrontiert.
Dieses Kapitel möchte Ihnen Ideen vermitteln, wie sie Ihr Kind bei den folgenden "zentralen Entwicklungsaufgaben des erwachsenwerdens" unterstützen könen:
Auf dem Weg zur eigenen Identität (3.1.)
Bei der Lebensplanung (3.2.)
Beim Erlanger der Unabhängigkeit (3.3.)
3.1. Auf dem Weg zur eigenen Identität
Folgende Punkte werden dabei besonders betrachtet:
- Auffälliges Verhalten als Ablösesymptome wahrnehmen
(3.1.1.)
- Teil einer Peergruppe sein können (3.1.2.)
- Experimentieren lassen (3.1.3.)
3.1.1. Auffälliges Verhalten als Ablösesymptome wahrnehmen
Zur Erinnerung: Zunächst müssen Eltern erkennen, dass ihr
Kind beginnt sich abzulösen, was bei Menschen mit geistiger Behinderung gar
nicht immer so einfach ist, da sie sich in verschiedenen Entwicklungsbereichen
oft zeitversetzt entwickeln, wie in Kapitel
2.3.1. beschrieben.
Ein Pubertierender mit intellektueller Beeinträchtigung hat möglicherweise nicht in allen Persönlichkeitsbereichen den gleichen Entwicklungsstand erreicht:
„So sieht sich die Bezugsperson häufig einem Jugendlichen gegenüber, der zwar seine Loslösung anstrebt, um seinen Freiraum kämpft und sich dabei wie ein Trotzkind gebärdet, im nächsten Augenblick aber symbiotische Bedürfnisse äußert, Körperkontakt sucht, schmust und unter starken Trennungsängsten leidet. Hier gilt es, alle Entwicklungsebenen ernst zu nehmen, und zwar jede in dem Augenblick, in dem sie das Verhalten bestimmt. Das erfordert die Fähigkeit, ständig die Kontaktebene zu wechseln: Herrschen die symbiotischen Wünsche vor, sollten sie berücksichtigt werden, steigt der Jugendliche auf eine höhere Entwicklungsstufe, sollte ihm dort begegnet werden. Auf diese Weise wird ihm eine Weiterentwicklung der Gesamtpersönlichkeit am ehesten ermöglicht.“ [2]
Hilfreich in diesem Zusammenhang ist die Aufmerksamkeit auf deutliche Veränderungen beim Kind zu richten: Die Veränderungen im Prozess des Erwachsenwerdens beginnen zunächst auf der körperlichen Ebene, Zeichen dafür sind z.B. der Beginn der Menstruation oder der Stimmbruch. Diese „Zeichen“ sind Bezugs- und Orientierungspunkte, die auf eine neue Entwicklungsphase hinweisen und notwendige Veränderungen in der Eltern-Kind-Beziehung nach sich ziehen.
Wie Sie Kind hier unterstützen können:- Machen Sie ihr Kind auf die Veränderung aufmerksam und helfen Sie ihrem Kind sie einzuorden.
- Nehmen Sie diese Zeichen und Orientierungspunkte als Anlass für ein Ritual oder ein Geschenk. Machen Sie ihm ein Geschenk, z.B. ein Kleid, oder stellen Sie eine Bescheinigung für das Erwachsenwerden aus und machen Sie dadurch die Veränderung deutlich!
- Zeigen Sie ihrem Kind, wie stolz Sie auf seine Entwicklung sind.
Den körperlichen Änderungen folgen Verhaltensänderungen. Sie zeigen sich, wie unter Punkt 2.3.3 beschrieben, in unterschiedlichen Weisen und sind oft schwer als Ablösesymptome erkennbar. [3] Eine Expertin stellt dazu treffend fest, dass Menschen mit einer geistigen Behinderung oft wenig Rückmeldung über ihr Sozialverhalten erhalten. Es wird regulierend eingeschritten oder man erträgt die Marotten. Dadurch können sie wenig Selbstregulation entwickeln. Hier wird eher wenig gefordert. Somit fehlen Auseinandersetzungen in denen die jungen Menschen eine Chance haben, selbst etwas zu bewirken (Vgl. Senckel 2004)!
Wie Sie Kind hier unterstützen können:
- Greifen Sie Konflikte im Zweifelsfall als Konflikte um Ablösung, Verselbständigung auf und sprechen Sie mit Ihrem Kind darüber.
- Geben Sie in Konflikten neue Freiräume für den Willen des Jugendlichen. Lassen Sie ihn sich auch einmal durchsetzen – auch mit möglichen Negativfolgen.
- Akzeptieren und unterstützen Sie den Wunsch nach Privatsphäre – z.B. eine geschlossene Zimmertür
- Nehmen Sie den kognitiven Entwicklungsstand Ihres Kindes nicht als Maßstab für Zeichen der Ablösung.
- Machen Sie sich die fehlenden geistigen Ressourcen ihres Kindes zur Verarbeitung dieser Dinge (Prozesse) bewusst. Unterstützen Sie es indem Sie mit ihm über diese Dinge sprechen und ihm emotional Halt geben.
- Die Kunst ist, als Eltern oder Erzieher Freiräume zu geben, ohne sich emotional zurückzuziehen!
3.1.2. Teil einer Peergruppe sein können, intime Beziehungen
haben
Wie in den Kapiteln 2.2. und 2.3.4. beschrieben wurde, sind
die Beziehungen und Erfahrungen in der Peergroup wichtige Ressourcen / Faktoren
für die Persönlichkeitsentwicklung in der Adoleszenz. Sie ist für Menschen mit intelektueller Beeinträchtigung mit besonderen Hürden verbunden.
Wie können Sie Ihr Kind hier unterstützen:
- Unterstützen Sie Kontakte zur Peergruppe (Gleichaltrigen), auch außerhalb von Schule und Arbeitsplatz.
- Lassen Sie ihr Kind Aktivitäten mit Freunden planen und unterstützen Sie es bei den eigenen Plänen - auch wenn sie nicht Ihren Vorstellungen entsprechen.
- Lassen Sie Ihr Kind seine Freunde selbst wählen.
- Akzeptieren Sie die Verhaltensweisen in der Gruppe auch wenn sie Ihnen nicht gefallen.
- Bewerten Sie die wechselnden Freund- und Feindschaften nicht über.
- Versuchen Sie, notwendige Begleitung im Zusammenhang mit der Peer Group durch andere Personen zu organisieren.
- Klären Sie Ihr Kind auf. Ermöglichen Sie Erfahrungen mit Gleichaltrigen in unbeobachteten, geschützten Räumen. Erlauben Sie z.B., dass die Jugendlichen sich auf ihr Zimmer zurückziehen.
Die sexuelle Entwicklung ist dabei für Eltern ein besonders
heikles Thema und für viele Eltern ein Dilemma, da sie Ihrem Kind zwar
Erfahrungen ermöglichen wollen, aber ihr Kind auch vor Übergriffen bewahren
möchten Für die sexuelle Entwicklung der Kinder sind aber sexuelle Erfahrungen
in der Peergroup wichtig. Hier helfen nur Schritte nach vorne. Experten raten:
Aufklärung und Erfahrungen in Beziehungen mit Gleichaltrigen schützen vor
Missbrauch. [4]
Weitere Hinweise entnehmen Sie bitte dem Modul "Sexuelle Gesundheit” zum Beispiel das Kapitel "Right to know your own body".
3.1.3. Experimentieren können
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Gleichzeitig ist Experimentieren mit Risiken verbunden und
Bezugspersonen stehen vor der Frage, welche Risiken sie sich und ihren Kindern
zumuten.
Ein Experte geht soweit, dass er sagt: “Junge Erwachsene mit geistiger Behinderung müssen bewusst den normalen Lebensrisiken ausgesetzt werden, da diese für die Identitäts- und Persönlichkeitsentwicklung wesentliche Entwicklungsimpulse beinhalten“ (Winniger 2006, 35). Doch gerade das Thema Risikoerfahrungen führen Eltern häufig in ein Dilemma, da die Gefahren durchaus real sind .
Dennoch: „Erfahrungen verhelfen zu einer realistischen Sicht auf sich selbst. Diese Sicht hilft zu akzeptieren, etwas nicht zu können, was wiederum die Voraussetzung für jedes Lernen ist – sonst ist jedes Nicht-Können eine Kränkung!“ [5]
Wie Sie ihr Kind hier unterstützen können:
- Gehen Sie Konflikte ein und bleiben Sie dabei eine stabile emotionale Basis. [6]
- Konflikte haben eine entwicklungsfördernde Funktion, da sie ein Zeichen der Aushandlungsprozesse zwischen Eltern und jungen Erwachsenen sind. [7]
- Konflikte bieten Möglichkeiten Distanz zu gewinnen, es
findet eine Konfrontation mit verschieden Standpunkten und Argumenten statt. [8]
- Ein Kampf um Regeln kann
ein Ablösungskonflikt sein. Eltern haben mehr „Macht“ z. B. auf Regeln
zu beharren. Hier wäre wichtig, dass die
Auflehnung auch mal Erfolg hat. [9]
- Lassen Sie ihr Kind Risiken eingehen, z.B. Rauchen, in die
Disco gehen, selbständiges Reisen, Umgang mit dem Taschengeld oder mit einem
Freund ausgehen, mit dem man sich abschotten kann. [10]
Der Erfahrungsraum von Menschen mit geistiger
Beeinträchtigung ist auch dadurch eingeschränkt, dass sie insgesamt viel
häufiger unter Aufsicht stehen. Es gibt kaum unbeobachtete Räume. Auch in
Bereich individueller Freundschaften und Liebesbeziehungen braucht es oft die
Eltern, die (mit den anderen Eltern) Termine machen, Fahrdienste organisieren.
Ohne das Einverständnis der Eltern ist
wenig möglich. [11]
Wenn dem Jugendlichen Aktivitäten und Erfahrungen ohne Eltern ermöglicht werden, kann davon ausgegangen werden, dass eine Ablösung von den Eltern erfolgreicher und positiver verläuft. So wird beschrieben, dass Kinder denen Situationen ohne direkte Kontrolle zugestanden werden, wo sie ihre Stärken und Schwächen selbständig erfahren können, eher ein Gefühl für Identität und Autonomie entwickeln. [12]
3.2. Bei der Lebensplanung
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Wir haben unsere Klienten gefragt, was Ihnen im Leben wichtig ist?
Video: "Was mir im Leben wichtig ist"
Fragen der Lebensplanung kommen für Eltern und für
Jugendliche nicht immer zu einer Zeit, in der sie gut verträglich sind. Auf der
einen Seite müssen wichtige Entscheidungen zu möglichen Ausbildungen,
beruflichem Werdegang und Wohnformen getroffen werden. Auf der anderen Seite
sind die Jugendlichen ohnehin schon mit Veränderungen beschäftigt. Sie sind z.B.
mit vielen Beziehungsabbrüchen konfrontiert, wie durch den Abschluss der
Schulzeit oder dem Wechsel in die Erwachsenenmedizin. Auch andere Veränderungen
im Lebensumfeld können die Bereitschaft, Zukunftspläne zu schmieden dämpfen.
Um den Wünschen ihres Kinder näher zu kommen kann die "persönliche Zukunftsplanung" (PZP)" eine hilfreiche Methode sein - auch bei kleinen Zielen. Nähere Informationen finden Sie unter Punkt 5.1.
Welche
professionellen Angebote Sie und Ihr Kind in den Bereichen der Lebensplanung unterstützen können, finden Sie im 5. Kapitel.
Hier möchten wir allgemein über die Themen der Lebensplanung sprechen, im speziellen über Arbeit und Ausbildung, Wohnen und Gesundheit:
- Arbeit
Beruflich und die Ausbildung betreffend - wieviel Wahlmöglichkeiten haben Menschen mit einer geistigen Behinderung wirklich?
Je nach Schwere oder Art der Beeinträchtigung wirkt der Lebenslauf oft vorgeprägt
und institutionalisiert. Vereinzelt nehmen behinderungsspezifische Angebote zu,
z. B. für Menschen mit einer Autismusspektrumstörung. Hat der Jugendlichen aber
den Wunsch auf dem 1. Arbeitsmarkt
zu arbeiten erfordert dies von den Eltern viel
Ausdauer und Energie bei der Umsetzung einer außerordentlichen individuellen Lösung.
Nähere Informationen finden Sie auch unter Punkt 5 und im Modul "Menschenrechte", im speziellen unter "Arbeit und Menschen mit intelektueller Beeinträchtigung".
Folgende Checkliste könnte ebenfalls hilfreich bei der Planung Arbeit / Ausbildung sein: Checklist Berufsvorbereitung
-
Wohnen
Der Zeitpunkt zum Ausziehen wird derzeit - ähnlich wie bei jungen Erwachsenen ohne geistige Behinderung – beim Wechsel in das Arbeits- oder Studiumsleben, als günstig empfunden, da die generell veränderte Situation mit einem Auszug gut verknüpft werden kann. [14]
Der Idealfall wäre natürlich zu warten, bis das Kind eigene Impulse zum Ausziehen entwickelt. Das scheint oft nicht zu gehen, und die Eltern müssen aktive Schritte dafür tun (Uphoff 2018). Dabei sollte man sich bewusst machen, dass eine professionelle Betreuung nicht im Ansatz die „gleiche“ Nähe und Versorgung bieten kann. Dass aber gerade das in Ordnung ist, da es dem entspricht dem, was jeder junge Erwachsene erlebt und lernen muss: in unterschiedlichen „Welten“ und „Bezügen“ zu Recht zu kommen. Um Krisen zu vermeiden ist es aber auch wichtig, dass ein Auszug nicht zu früh ist um sie nicht zu überfordern. So dass die Jugendlichen es auch selbst wollen (vgl. ebd.).
„Lust“ aufs ausziehen, auf beiden Seiten - wie kann man die Wecken? Es ist eine Gratwanderung: Locken, puschen – mit möglichst wenig Druck !" [15]
Manchmal müssen die
Kinder aufgrund der Distanz zum Ausbildungs- oder Arbeitsplätze oder aufgrund
spezieller Bedürfnisse auch viel früher ausziehen. Oder es gibt Sachzwänge, z.B.
Wartelisten der Wohnheime. Wenn der Auszug „verordnet“ ist, kann das Kind es
aber nicht als selbstbestimmten Schritt der Ablösung wahrnehmen. Das ist auch für die Eltern emotional sehr schwierig.
„Selbst für die Ablösung eines Kindes aktiv werden zu müssen, muss ambivalente
Gefühle auslösen und erfordert eine Neudefinition der eigenen Rolle und Abgabe
von Verantwortung“. [16]
-
Gesundheit / Therapie
Menschen mit geistiger und/oder Mehrfachbehinderung haben häufig zusätzliche chronische Erkrankungen oder auch Dispositionen zu akuten Erkrankungen. Bei ihnen bestehen besondere Bedürfnisse im Hinblick auf Umfang und Qualität ihrer gesundheitlichen Versorgung. Besonders gravierend ist dies beim Übergang von der Kinder und Jugend- in die Erwachsenenmedizin. Viele Eltern sind teilweise über die wenig familiäre Atmosphäre und andere Arbeitsweise geschockt.
Manche Kinder verlieren den Kontakt zu spezialisierten
Gesundheitsdiensten, wenn sie keine pädiatrischen Dienste mehr nutzen. Für
einige kinder- und jugendmedizinische Krankheitsbilder sind effektive
Behandlungsstandards etabliert, für die es im erwachsenenmedizinischen Bereich
noch keine vergleichbaren Versorgungsstrukturen gibt. Ein Grund dafür ist, dass
die Lebenserwartung bei einigen komplexen und seltenen Erkrankungen aufgrund
verbesserter Medizinstandards gestiegen ist. Die Erwachsenenmedizin muß dieser
Tatsache erst noch gerecht werden. [17]
In einigen Ländern (Deutschland, England) sollen zukünftig medizinische Zentren für erwachsene Menschen mit Behinderung die Weiterversorgung von sozialpädiatrischen Patienten im Erwachsenenalter gewährleistet und damit die „Transition“ erleichtern.
Eltern haben bei speziellen Erkrankungen ihres Kindes oft
den Expertenstatus. „Da mit dem Eintritt dieser Patienten ins Erwachsenenalter
eine echte Selbstständigkeit nicht zu erwarten ist, behalten die Eltern hier
also ihre Position als Verantwortliche und müssen in der Erwachsenenmedizin
erneut verlässliche Ansprechpartner finden, die ausreichend Verständnis, Zeit
und fachliche Expertise haben, die komplexe Betreuung der Patienten zu übernehmen
und die „Expertenrolle“ der Eltern zu respektieren“. [17]
Ob selbständig oder mithilfe Anderer – sind Eltern wichtige Partner, um an dem Prozess der Lebensplanung aktiv teilzunehmen und den jungen Erwachsenen zu begleiten.
3.3. Bei der Selbstständigkeit
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In diesem Kapitel bekommen Sie Anregungen, wie sie Ihr Kind
bei der Verselbständigungsphase unterstützen können. Folgende Punkte werden wir näher beleuchten:
- Stärken fördern (3.3.1.)
- Neue Lernfelder finden (3.3.2.)
- Zutrauen externer Personen in das Kind nutzen (3.3.3.)
Übung: “Aktivitäten-Karten erstellen”
a.) Bestimmen Sie gemeinsam mit ihrem Kind eine Haushalts-Aufgabe, die ihr Kind erlernen oder übernehmen soll.
b.) Kreieren gemeinsam eine Aktivitäten-Karte für die Haushaltsaufgabe, um vor das "Training" gerüstet zu sein. Ein Beispiel für eine Karte gibt es hier: Badezimmer reinigen
3.3.1. Stärken fördern
Jugendliche brauchen ein starkes Selbstwertgefühl!
„Üblicherweise tragen ein gutes Aussehen, sportliche Aktivitäten und Freunde zu einem guten Selbstwertgefühl bei. Junge Menschen mit Behinderung müssen ihre Stärken kennen und gleichzeitig mit ihren Schwächen zurechtkommen, zum Beispiel mit einem Erscheinungsbild, das möglicherweise nicht dem konventionellen Schönheitsideal entspricht. Letztendlich müssen sie mehr können als andere und akzeptieren anders zu sein und sich dennoch zu mögen.“ [18]
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Um Stärken entwickeln zu können, brauchen Kinder mit einer schweren Behinderung Unterstützung. Dabei ist es wichtig, auf die individuelle Situation des Kindes einzugehen und ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Fördern und Fordern zu finden. Hier haben sich teilweise für bestimmte Behinderungsformen spezielle Förderansätze entwickelt. z. B. das TEACCH-Konzept bei autistischen Störungen.
Der Trend in Psychologie und Pädagogik – weg von den Mängeln hin zu Stärken – kommt in verschiedenen Konzepten und Ansätze zum Tragen, wie dem Salutogenese- und Resilienzkonzept, und haben zu einer ressourcenorientierten Haltung geführt.
Unter Ressourcen versteht man:
„Faktoren, die den Menschen
in einer Situation stärken können! Sie können sowohl in der Person selbst
angelegt sein (personale Ressourcen) als auch durch die Umwelt an die Person
herangetragen werden (Umweltressourcen). Sind Ressourcen ausgeprägt, unterstützen
sie die Entwicklung des Menschen – auch indem sie Defizite und Entwicklungsstörungen
kompensieren.“ [19]
Jeder besitzt Stärken!
Bei manchen sind sie intensiv ausgeprägt, bei anderen weniger. In manchen „schlummern“ die weichen Faktoren und sind noch unentdeckt. Spricht man Menschen auf Ihre Stärken an, haben diese oftmals keine klare und überzeugende Antwort parat und müssen erst einmal lange nachdenken. Wie also wollen Sie Ihre Stärken nutzen, wenn Sie sich dieser nicht bewusst sind? Indem man sich auf die Suche begibt. Werden Sie zum Schatzsucher:
- Machen Sie es sich zur Aufgabe, Stärken und Fähigkeiten der
Kinder ausfindig zu machen und zu nutzen. Hilfreiche
Fragen sind: Was kann ihr Kind richtig gut? Was fällt ihm sehr leicht? Hat es
besondere Fertigkeiten?
- Integrieren Sie Ihre Familie, Freunde und Bekannten. Denn gerade auch deren Meinung von „außen“ ist von großer Bedeutung und eröffnet neue Blickwinkel!
- Entscheidend ist, daß Sie sich die Stärken immer wieder bewusst werden, sie trainieren und vor allem aktiv einsetzen. Wie bei jedem Training macht auch hier die Übung den „Meister“.
- Seien sie kreativ und visualisieren die Stärken, z. B. durch eine Collage, oder sammeln die Stärken und Ressourcen in einer Schatzkiste, die bei Bedarf geholt werden kann.
- Vergleichen Sie ihr Kind bei der Förderung weniger mit anderen Kindern, sondern betrachten Sie es in seiner Subjektivität! Sie können die Entwicklung am besten verfolgen, indem Sie regelmäßig kleine Förderpläne und Förderberichte erstellen.
- Jeder Mensch hat Ressourcen, die mehr oder weniger aktiviert sind, die zur Bewältigung von Lebenssituationen zur Verfügung stehen! [20]
- Fördern Sie Begabungen, weil unsere Erfolgserwartung, davon beeinflusst wird, wie sehr wir an unsere Stärken glauben! [21]
- Suchen Sie nach Rollenmodellen und Vorbilder für einen guten Umgang mit Behinderungen im Erwachsenalter! – Vorbilder, Idole, Zitate inspirieren, motivieren und können unser Handeln in eine gewünschte Richtung lenken. Imitation gehört zu den 3 großen Arten des Lernens! "Vorbilder zeigen dir, dass das, was du in deinem Kopf noch für unmöglich hältst, im wahren Leben schon längst Wirklichkeit ist."
Für den Heranwachsenden kann es zu einer sehr frustrierenden
Situation werden, wenn ihnen die Chancen Selbständigkeit zu üben fehlen. [22]
Machen Sie sich bewußt: Wenn sie ihr Kind zu mehr Eigenständigkeit ermutigen, bedeutet das nicht, dass sie das Kind aufgeben oder es im Stich lassen. [23]
Wie können Jugendliche (im Kleinen) Erfahrungen machen, auf
eigenen Beinen zu stehen – auch mit Unterstützung anderer Personen – aber so,
dass sie selbst dabei „im Zentrum“ sind?
Anreize dafür schaffen! [24]
3.3.2. Neue Lernfelder finden
„Es ist tatsächlich so, dass sich die Eltern von Menschen mit Behinderung auf einmal mit Wünschen konfrontiert sehen, zum Beispiel dem Erlangen des Führerscheins, die nicht unbedingt realisierbar sind. Ich betone «nicht unbedingt», denn es existiert keine Regel dazu: Schon häufig haben mich Jugendliche mit Behinderung durch ihre Fähigkeiten beeindruckt. Selbst wenn die Aussichten auf Erfolg gering sind, ist es nicht gut, wenn man seinem Kind um jeden Preis eine Enttäuschung ersparen will, indem man verhindert, dass es etwas ausprobiert. Ich greife auf das Beispiel Führerschein zurück: Ich kenne Eltern, die ihr Kind eine Fahrstunde absolvieren ließen. Es endete mit einem Misserfolg, doch immerhin haben sie ihrem Kind die Chance gegeben, es zu versuchen.“[25]
Lernen findet unbewusst in vielen alltäglichen Lebenssituationen statt. Erfahrungswissen, Experimentieren, Ausprobieren, Informationen aufnehmen und anwenden – hinter all diesen Tätigkeiten verbirgt sich ein Lernprozess. Lernen bedeutet Informationen zu teilen, zu kreieren, zu diskutieren und zu verknüpfen. Lernen bedeutet aktiv zu werden bzw. zu sein. Es setzt Neugier und Motivation beim Einzelnen voraus.
Ziel allen Lernens ist eine verbesserte Lebensqualität durch erweiterte Handlungsfähigkeit in gesellschaftlichem, beruflichem und privatem Kontext. Lernen ist ein lebenslanger, lebendiger Prozess, der zu einem reflektierten Verhältnis zu sich selbst, zu anderen und der Welt führt. [26]
"Neue Herausforderungen - im Alltag Versorgungslücken schaffen"
- Bieten Sie nicht mehr automatisch die „Rundumversorgung“ an!
Ihre Kinder brauchen Widerstände. Sie dürfen nicht automatisch alles bekommen. Um
Verantwortungsübernahme zu erlernen ist es wichtig, dass sich Ihre Kinder etwas
selbst erarbeiten müssen. [27]
- Haben Sie Ideen, wo Sie Versorgungslücken in den Tagesablauf einbauen können? Beispiele: Pausenbrot selbst zu bereiten, die Kleidung selbst zusammenstellen, ohne Weckdienst aufstehen, auch wenn die Karotte nicht perfekt geschnitten ist, Übung macht den Meister!
- Mehr Selbständigkeit oder Erfolgserlebnisse können Anreize für
die Erledigung der Aufgaben sein. Kinder, die viele Probleme selbst lösen
mussten sind erwiesenermaßen glücklicher! [28]
- Um Erfolgserlebnisse zu ermöglichen ist es wichtig Herausforderungen zu stellen und Aufgaben übertragen die zunächst gut zu erledigen und kleinschrittig sind.
- Durch die Aufgaben wird deutlich, was ihr Kind kann und was nicht, wo ihre Entwicklungsmöglichkeiten und wo ihre - auch behinderungsbedingten – Grenzen liegen.
Photo: IB Sued-West gGmbH
"Bildungsangebote wahrnehmen!"
Bildungsangebote helfen, sich den Anforderungen des Lebens
anzupassen.
Erwachsenenbildung hat in Bezug auf Menschen mit Behinderung die
Aufgabe neue Erfahrungen zu ermöglichen und Erfahrungen zu verarbeiten [29]
Wissen zu vermitteln und Hilfestellung zur Selbstbestimmung und
Lebensgestaltung zu geben [30]
.
Informationen sind wichtig, um
Entscheidungen treffen zu können.
Gerade bei Menschen mit Behinderungen ist häufig
zu beobachten, dass sie Probleme beim Treffen von Entscheidungen haben, da
ihnen in der Vergangenheit selten Wahlmöglichkeiten gegeben wurden. Ein
weitgehend selbstbestimmtes Leben beinhaltet aber, dass immer wieder
Entscheidungen mit mehr oder weniger weitreichenden Folgen getroffen werden müssen,
z.B. die Entscheidung für einen
Arbeitsplatz. [31]
- Eltern sollten den Jugendlichen ermutigen, eigene Interessen zu entdecken und nachzugehen oder auf die Veränderungen des Alltags aktiv zu reagieren.
- Ermöglichen Sie die Teilnahme an Bildungsangeboten
3.3.3. Zutrauen externer Personen in das Kind nutzen
Externe Unterstützung in der Adoleszenz hat viele Facetten. Sie hilft den Jugendlichen, Erfahrungen unabhängig von den Eltern z.B. in der
peer-group zu machen (Kapitel 2.3.5.). Sie hilft Ihnen als Eltern aber auch beim „Loslassen“
und der Entwicklung einer neuen Beziehung zu Ihrem Kind.
Das Selbstvertrauen Ihres Kindes wird gestärkt durch Überwindung, Mut und Zutrauen. Umso öfter ihrem Kind die Möglichkeit gegeben wird sich auszuprobieren (Erfahrungsräume) und Dinge zu meistern, desto besser lernt es mit Frust umzugehen und Selbstsicherheit wird zunehmen. [32] Immer wieder machen die Eltern die Erfahrung, dass Dinge lange geübt werden, aber erst mit einer externen Person funktionieren. [33]
Das Zutrauen durch externe Personen hat den Vorteil, dass Routinen unterbrochen werden. Bereits kleine Veränderungen im Ablauf können ein Umdenken und neues Verhalten fordern. Losgelöst vom Bindungs- und Abhängigkeitscharkater findet eine „andere“ Auseinandersetzung mit der Person und seinen Stärken und Schwächen statt.
Wie Sie Ihr Kind hier unterstützen können:
- Gibt es Aufgaben und Rollen, die an andere Familienmitglieder und Personen übertragen werden können?
- Wichtig ist, dass diese anderen Unterstützungspersonen Experimentieren unterstützen. So entstehen neue Entwicklungsräume.
- Fragen Sie sich welche Bereiche Ihrer Unterstützungsaufgaben
können an externe Unterstützer oder Angebote ausgelagert werden?
3.4. Quellenangaben
1 Beyer, I. (2013): Unser Kind wird erwachsen. Das Eltern-Magazin der Bundesvereinigung Lebenshilfe. 1. Auflage 2013. Hrsg. Lebenshilfe e.v., Marburg. S.7
2 Senckel, Barbara (2015): Mit geistig Behinderten leben und arbeiten. C.H.Beck, München.
3 Fischer, U. (2006): Bindung und Ablösung bei schwer geistiger Behinderung. In: Bundesvereinigung Lebenshilfe (hrsg.). Schwere Behinderung – eine Aufgabe für die Gesellschaft! Marburg,S. 273 – 283
4 Achilles, Ilse 2010: „Was macht Ihr Sohn denn da?“ Geistige Behinderung und Sexualität. Ernst Reinhaldt Verlag, München, Basel. 5. Überarbeitete Auflage.
5 Uphoff, Gerlinde (2018): Interview im Rahmen des Projekts ELPIDA am 20.02.2018
6 Senckel, Barbara (2015): Mit geistig Behinderten leben und arbeiten. C.H.Beck, München.
7 Fend, H. 2005. Entwicklungspsychologie des Jugendalters Taschenbuch. WS Verlag für Sozialwissenschaften. 3. Aufl. Wiesbaden. S.78
8 Dreher & Dreher 2002 in Schultz, A. (2010): Ablösung vom Elternhaus. Bundsvereinigung Lebenshilfe (Hrsg.)
9 Uphoff, Gerlinde (2018): Interview im Rahmen des Projekts ELPIDA am 20.02.2018
10 Agthe-Diserns, C. / Mercier, M. 2001: Erwachsen werden und Behinderung – Brüche und Bezüge. http://insieme.ch/wp-content/uploads/2010/03/d_542_Erwachsen_werden.pdf / 12.02.2018
11 Uphoff, G; Kauz, O; Schellong, Y (2010): Junge Menschen mit geistiger Behinderung am Übergang zum Erwachsenwerden – Bildungsprozesse und pädagogosche Bemühungen. In: Zeitschrift für Inklusion, Ausgabe 01/2010
12 Ekert, B.; Ekert, C. (2010): Psychologie für Pflegeberufe. Thieme, Stuttgart. S.74
13 Eckert, A. (2007-2) Familien mit einem behinderten Kind. Zum aktuellen Stand der wissenschaftlichen Diskussion. Quelle, In: Behinderte Menschen, (Nr. 1 / 2007) 1, S. 40 – 53
14 Fehlhaber, C. (1987): Ablösungskrisen bei geistig behinderten Jugendlichen. In. Lempp, R. (Hrsg.): Reifung und Ablösung. Bern, Stuttgart, Toronto, S. 157-160
15 Uphoff, Gerlinde; Kauz, Olga; Schellong, Yvonne (2010): Junge Menschen mit geistiger Behinderung am Übergang zum Erwachsenwerden - Bildungsprozesse und pädagogische Bemühungen. In: Zeitschrift für Inklusion, Ausgabe 01/2010 online unter: http://bidok.uibk.ac.at/library/inkl-01-10-uphoff-bildung.html zuletzt geprüft 21.05.2018
16 Klauss, T. (2015): Menschen mit geistiger Behinderung – Ablösung vom Elternhaus (Winnenden 13 11 2015 S.10)
17 Wikipedia" Transition (Medizin) --- Wikipedia Die freie Enzyklopädie ,2018 "https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Transition_(Medizin)&oldid=173730848", Zugriff am 23. April 2018
18Retzlaff: Familien-Stärken: Behinderung, Resilienz und systemische Therapie. Stuttgart, Klett-Cotta, 2010. S.244
19 Kiso, C. / Lotze, M. / Behrensen, B.(2014): Ressourcenorientierung in KiTa & Grundschule. nifbe-Themenheft Nr. 24, Im Eigenverlag
20 Kiso, C. / Lotze, M. / Behrensen, B.(2014): Ressourcenorientierung in KiTa & Grundschule. nifbe-Themenheft Nr. 24, Im Eigenverlag
21 Friedrich, S. (2010). Entwicklung einer ressourcenorientierten Haltung. In T. Möbius & S. Friedrich (Eds.), Ressourcenorientiert arbeiten. Anleitung zu einem gelingenden Praxistransfer im Sozialbereich (pp. 39-‒50). Wiesbaden: VS-Verlag.
22 Schatz 1998, 135 in Schultz, A. (2010): Ablösung vom Elternhaus. Bundsvereinigung Lebenshilfe (Hrsg.).
23 Agthe-Diserns, C. / Mercier, M. 2001: Erwachsen werden und Behinderung – Brüche und Bezüge.http://insieme.ch/wp-content/uploads/2010/03/d_542_Erwachsen_werden.pdf / 12.02.2018
24 Uphoff, Gerlinde (2018): Interview im Rahmen des Projekts ELPIDA am 20.02.2018
25 Denis Vaginay, Arzt und Dozent für Klinische Psychologie http://insieme.ch
26 https://oebib.wordpress.com/2010/11/03/lernort-bibliothek-%E2%80%93-zwischen-wunsch-und-wirklichkeit-teil-3/ Zugriff am 05.05.2018
27 www.praxis –jugendarbeit.de Zugriff am 28.04.2018
28 www.praxis –jugendarbeit.de Zugriff am 28.04.2018
29 Uphoff, G; Kauz, O; Schellong, Y (2010): Junge Menschen mit geistiger Behinderung am Übergang zum Erwachsenwerden – Bildungsprozesse und pädagogosche Bemühungen. In: Zeitschrift für Inklusion, Ausgabe 01/2010
30 Fornefeld, B. (2000): Einführung in die Geistigbehindertenpädagogik. München, Basel. S.119
31 Döbling, K.(2004): Förderung von Selbstbestimmung und Integration von Menschen mit geistiger Behinderung, München, Disserta Verlag, Hamburg
32 Spanhel, D. (2014): Erziehung zur Selbständigkeit in der Familie
https://www.familienhandbuch.de/babys-kinder/bildungsbereiche/selbststaendigkeit/ErziehungzurSelbstaendigkeitinderFamilie.php (entnommen am 10.05.2018)
33 Uphoff, Gerlinde (2018): Interview im Rahmen des Projekts ELPIDA am 20.02.2018
4. Loslassen - Was bedeutet die Ablösung für die Eltern?
Dieses Kapitel hilft Ihnen
- sich mit bevorstehenden Veränderungen im Familiensystem zu beschäftigen
- das Wissen zu erlangen, um ihre Rolle als Eltern (aktiv) verändern zu können
-
bei den Überlegungen, welche Unterstützungen und
Verantwortung abgegeben werden können
- sich Gedanken zu den Vor- und Nachteile der "Eltern in der Position als rechtliche Betreuer" zu machen
- die Bedeutung des Austauschs mit anderen Eltern sehen und sich beratschlagen zu können
Es ist wichtig zu wissen, dass Ablösung nicht Auflösung der
Bindung zu den eigenen Kindern ist. Das
Kind wird immer eine Beziehung zu den Eltern haben. Je stabiler die
Beziehung in der Familie ist, umso fester bleibt sie auch, wenn das Kind flügge
wird [1]. Die Beziehung wird nicht gekappt, sie wird auf neue
Füße gestellt, sie wird umgebaut.
"Ablösung umfasst alle Entwicklungen im Eltern-Kind-Verhältnis". [2]
Viele Eltern setzen den Auszug aus der elterlichen Wohnung mit der Ablösung gleich. Die erste Trennung bzw. Ablösung im Leben des Kindes erfolgt jedoch lange vor einem Auszug: „Bereits die Geburt und danach das Abstillen, Laufen lernen, die Entwicklung eines eigenen Willens (Trotzalter) etc. stellen Schritte in die zunehmende Unabhängigkeit von den Eltern da“. [3] Die logische Folge auf dem Weg zur Selbstständigkeit ist die eigene Wohnung oder der Platz in einer Wohngruppe. Dies sollte Sie als Eltern stolz auf ihre Leistung machen. Sie haben es geschafft ihr Kind in die Welt zu entlassen. In diesen Stolz kann sich Wehmut und Angst mischen: Wehmut, weil ein Stück Leben beendet ist, diese intensive Elternzeit kommt nicht zurück, Angst vor der Veränderung im eigenen Leben und um das jetzt erwachsene Kind.
"Wir erleben im Laufe unseres Lebens eine Vielzahl von
Übergängen, aber vielleicht ist der Übergang zum Erwachsenwerden der mit den weitreichendsten Konsequenzen."[4]
Die Ablösephase in der Jugend ist dabei nicht nur eine
Entwicklungsphase für den erwachsenwerdenden jungen Menschen, sondern
komplementär auch für die Eltern. „Für beide Seiten bedeutet die Loslösung eine
Phase der Des- und Neuorientierung und bildet sowohl für das Kind, als auch für
die Eltern eine Identitätskrise.
„Ungelöste Ablöseprozesse
der Jugendlichen behindern die Neuorientierung der Eltern ebenso, wie die
ungelöste Neuorientierung der Eltern die Ablösung der Kinder behindert“.[5]
4.1. Änderungen im Familiensystem – Elternrolle neu justieren
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Was bedeutet die Ablösung oder ein Auszug eines beeinträchtigten Familienmitglieds für die Familie?
„Es wäre optimal, wenn beide Parteien (also Eltern und Jugendliche) genügend Zeit hätten, sich sanft voneinander weg zu entwickeln (bis alle Abhängigkeiten gelöst) sind und die Kontakte auf absolut freiwilliger Basis stattfinden. Diesen idealen Ablösungsprozess gibt es in der Realität aber selten, vielmehr erlebt man oft eine Zeit großer seelischer Schmerzen“ [6]
Leider scheint der richtige Zeitpunkt
selten zu passen. Entweder tragen äußere Lebensumstände, wie der Besuch einer
bestimmten Förderstätte, oder innere Probleme, dazu bei, dass Kinder zu schnell
abrücken und die Eltern wenig Zeit haben sich daran anzupassen. Oder die Kinder
bleiben länger, manche sogar lebenslang zu Hause „kleben“. [6]
Wenn ein Auszug ansteht wird dies nach
dem Entwicklungspsychologe Bronfenbrenner als „ökologischer Übergang“
verstanden, weil „eine Person ihre Position
(in der ökologisch verstandenen Umwelt) durch einen Wechsel ihrer Rolle, ihres
Lebensbereichs oder beider verändert.“ (Bronfenbrenner, 1981, 43). Dieser
bringt immer auch eine Rollenveränderung mit sich.
Wenn die Eltern den Auszug ihres erwachsenen Kindes anschieben müssen, aufgrund äußerer Faktoren, wie ein entfernter Arbeitsplatz, wird dies zusätzlich als belastende Zeit erlebt. In Deutschland muss diese Entscheidung vor einem Amt in Deutschland begründet. Diese Ablösung wird dadurch als aktives Weggeben erlebt. „Selbst für die Ablösung eines Kindes aktiv werden zu müssen, muss ambivalente Gefühle auslösen. [8] Werden diese Gefühle nicht bewußt bearbeitet kann dies zu Probleme führen. Das Unbehagen mit der Situation kann sich auf die Einrichtung übertragen. „Die machen alles falsch“. (Uphoff 2018)
Gehen Eltern und die Familienmitglieder aktiv in diesen Prozess, tauschen sich aus und lernen sich mit zunehmender Ablösung neu zu orientieren, kann diese Phase gut gemeister werden.
Wenn Sohn oder Tochter möglichst lange bei sich leben und wohnen sollen bzw. Eltern die Hauptverantwortlichkeit für
diese behalten, wird ebenso eine eine Neudefinition der eigenen Rolle und
Abgabe von Verantwortung wichtig sein, um in ein neues Gleichgewicht zu kommen.
- Aktiver Austausch in der Familie, Entwicklung gemeinsamer Strategien, offener Umgang mit Gefühlen und Bedürfnissen.
- Reflexion der eigenen Rolle, Perspektiven, Bedürfnisse, Handlungsmöglichkeiten.
- Raum für die Interessen anderer Familienmitglieder, Gesschwister haben ihr Bedürfnisse oft "automatisch" jahrelang hinten angestellt.
- Austausch andere Eltern.
- Rückbesinnung auf den Partner und Zeit zu Zweit.
- Stabiles soziales Umfeld, gute Freunde und Familie erleichtert die Ablösung.
- Herausfinden neuer und alten Interessen.
- Lassen Sie die Trauer zu. Sie ist ein normales Symptom für
die Veränderung Suchen Sie sich professionelle Hilfe, wenn Schlaflosigkeit
und andere Anzeichen von Depression hinzukommen.
- Zeit für neue Projekte.
- Siehe auch Checkliste: Konkrete Schritte im Ablösungsprozess für Eltern (vgl. Eckert 2007, 62: Fischer 1997, 283ff.; Seifert 2004, 319f.)
4.2. Unterstützung und Verantwortung abgeben
Dies sagte einmal eine Mutter
bei einem Gespräch über den Übergang aus der elterlichen Obhut in eine Wohngruppe. Es erfordert sehr viel Stärke das eigene Kind trotzdem gehen zu lassen.
Video: "Wie wichtig Betreuer*innen sind?"
Jedes Kind ist einzigartig mit einer individuellen
Persönlichkeit, eigenen Wünsche und unterschiedlichen Temperamente. Menschen
mit einer intelektuellen Beeinträchtigung haben, je nach Grad und Entwicklungsstufen,
begrenzte Fähigkeiten.
Aufgrund den unterschiedlichen Behinderungsarten und
–syndromen kommen aber nochmal ganz unterschiedliche Bedürfnisse hinzu. Ein
Kind mit einer Autismusstörung benötigt in anderen Bereichen Unterstützung als eines mit Down-Syndrom.
Während das Kind mit Autismusstörung Berührung teilweise nur schwer ertragen
kann, müssen junge Menschen mit Trisomie lernen, dass allen Leuten um den Hals
zu fallen kein akzeptables Verhalten ist. [13]
Je nach Hilfebedarf kann es sinnvoll sein bestimmte
Verantwortungsbereiche an externe Unterstützer abzugeben - nichts muß für Dauer! Das Verständnis von Unterstützung kann dabei weit gefasst
werden - von einfachen fachlichen Tipps bis hin zu langfristiger
sozio-emotionaler Zuwendung.
Professionelle Helfer können dabei nicht nur bei der Persönlichkeitsbildung, Verselbständigungsphase und Lebensplanung, sondern auch beim Umbau der Eltern-Kind-Beziehung zu einem wichtigen Begleiter werden.
Photo: IB Sued-West gGmbH
Für die Teilung oder Abgabe der Verantwortung für die Unterstützung kann es auf dem Weg zur Ablösung auch Zwischenschritte geben. Z.B. wird bei einem Kind mit schwerem Behinderungsgrad die häuslichen Pflege - zunächst temporär - an einen externen Pflegedienst abgegeben. Die frei werdende Zeit könnte für anderer nötige Aufgaben verwendet werden, um dann die Zeit ganz bewußt für sich selbst (lernen) auszuweiten. Solche "Umstellungen" sind mit Unsicherheit verbunden, vielleicht laufen einige Abläufe anders, aber es sind auch Chancen für Sie und das Kind weitere Lernimpulse zu bekommen.
Ein zentraler Aspekt ist, mögliche Unterstützer vor der Abgabe der Verantwortung zunächst kennenzulernen. Denn Vertrauensbildung braucht ihre Zeit. Wichtig ist es, sich und anderen die benötigte Zeit auch zu geben.
Wünschenswert wäre die aktive Beteiligung der behinderten jungen Menschen an der Planung ihrer zukünftigen Lebensweise. Wenn ihr Entwicklungsniveau es zulässt, sollten sie wählen dürfen in welcher Wohnform, mit welchen Gruppenmitgliedern und – falls irgend möglich – Beteuern sie zukünftig leben wollen. (...) Solche Entscheidungsprozesse können nur gelingen, wenn schon in frühen Lebensphasen angemessen Gelegenheit zur Mitbestimmung gewährt wurde. [14]
Der Psychologe Dr. Rüdiger Retzlaff hat gesagt, „Loslassen fällt leichter, wenn man etwas bekommt“. [15] Wenn unter diesem Aspekt das Abgeben von Verantwortung an Unterstützer gesehen werden kann, ist das für die Eltern eine Entlastung und eine Chance für das Kind.
Was Ihnen helfen könnte:
Suchen Sie sich frühzeitig Unterstützung, in Familie, Freundeskreis und bei professionellen Organisationen
Nehmen Sie sich Zeit, das nötige Vertrauen aufzubauen
gehen Sie kleine Schritte um sich und ihr Kind nicht zu überfordern
- Sehen Sie sich diese Liste an: Checkliste: Konkrete Schritte im Ablösungsprozess für
Eltern
4.3. Eltern als gesetzliche Betreuer – sich Vor- und Nachteile bewusst machen
Mit dem 18. Geburtstag wird das Kind volljährig und es kann über seine Belange selbst entscheiden. Dies sollte man vor Augen haben, wenn z.B. ein junger Erwachsener von einem Tag auf den anderen selbst über sein Geld verfügen darf und für eventuelle Schulden verantwortlich ist.
Sowohl der Jugendliche als auch die Eltern müssen zwischen elterlicher Autorität und gesetzlicher Betreuung unterscheiden lernen.
Hierzu ein Auszug aus dem Gesetzestext zur rechtlichen Betreuung in Deutschland: §1901 BGB
(1) Die Betreuung umfasst alle Tätigkeiten, die erforderlich sind, um die Angelegenheiten des Betreuten nach Maßgabe der folgenden Vorschriften rechtlich zu besorgen.
(2) Der Betreuer hat die Angelegenheiten des Betreuten so zu besorgen, wie es dessen Wohl entspricht. Zum Wohl des Betreuten gehört auch die Möglichkeit, im Rahmen seiner Fähigkeiten sein Leben nach seinen eigenen Wünschen und Vorstellungen zu gestalten.
(3) Der Betreuer hat Wünschen des Betreuten zu entsprechen, soweit dies dessen Wohl nicht zuwiderläuft und dem Betreuer zuzumuten ist. Dies gilt auch für Wünsche, die der Betreute vor der Bestellung des Betreuers geäußert hat, es sei denn, dass er an diesen Wünschen erkennbar nicht festhalten will. Ehe der Betreuer wichtige Angelegenheiten erledigt, bespricht er sie mit dem Betreuten, sofern dies dessen Wohl nicht zuwiderläuft.
Ein Erwachsener mit geistiger Behinderung hat exakt die gleichen Rechte wie alle anderen, doch darüber hinaus profitiert er von mehr Schutz. Sind die Voraussetzungen für die Anordnung erfüllt, werden bei der Auswahl des Betreuers vorrangig die Wünsche des betreuten Menschen beachtet.
Je nach Beeinträchtigung und Fähigkeiten kann es Sinn
machen, nur für manche Bereiche eine rechtliche Betreuung zu beantragen. Die
Bereiche können - nach den Bedürfnissen - auf eine bestimmte Zeit beantragt werden, z. B. für den Bereich der Gesundheitsfürsorge oder "nur" für die Abwicklung eine testamentliche Angelegenheit.
Gefährliche Handlungen übertreffen auch die Kompetenz eines rechtlichen Betreuers. Diese Vorgänge erfolgen in Deutschland immer in Rücksprache mit dem Betreuungsgericht. (http://www.bundesanzeiger-verlag.de/betreuung/wiki/Heilbehandlung#Betreuungsgerichtliche_Genehmigung)
In den meisten Fällen wollen jedoch die Eltern die Betreuung für ihr Kind übernehmen. Widerspricht das Kind diesem Vorschlag nicht, wird das Gericht sie zu Betreuern bestellen, soweit dies dem Wohl des Betreuten entspricht.
Den Eltern sollte jedoch im Vorfeld bewusst sein, dass die Ausführung des Amts zu Interessens- und Rollenkonflikten führen kann: Als gesetzliche Betreuer müssen sie zum Wohle des Betreuten entscheiden. Für das „Wohl“ gibt der Gesetzgeber ein Maß vor: die Wünsche und Vorstellungen des Betreuten über die Gestaltung des eigenen Lebens. Das kann von dem abweichen, was ein Vater oder eine Mutter sich vorstellt und dennoch für Außenstehende in einem vertretbaren Rahmen sein. Ist die Person durch bestimmte Aktionen wirklich gefährdet? Eltern dürfen in ihrer Rolle als Eltern versuchen, das Kind von eigenen Vorstellungen für ihr Leben zu überzeugen. Rechtliche Betreuer nicht.
Es wird immer Fälle geben, in denen rechtliche Betreuer aus guten Gründen gegen den Willen des Betreuten handeln müssen. Zum Beispiel wenn ein geistig beeinträchtigter Mensch nicht mit Geld umgehen kann. Einkäufe über das Internet oder Verträge können mittels eines Einwilligungsvorbehalts durch den rechtlichen Betreuer rückgängig gemacht werden. Ein Handyvertrag kann dadurch ungültig und das Handy infolge dessen zurückgegeben werden. Als Eltern bekommen Sie die Wut ihres Kindes darüber voll zu spüren und dies macht sich eventuell auch in anderen Bereichen bemerkbar. Sind die Ablösekämpfe der jungen Erwachsenen noch nicht vollständig ausgestanden, könnte sich die Kämpfe um Unabhängigkeit nun noch um die Belange der Betreuung erweitert. Das Kind nimmt die Vorgaben nicht mehr als selbstverständlich hin und will die gesteckten Grenzen überschreiten Die Eltern erscheinen erneut als Hindernisse auf dem Weg zur Verselbstständigung. (Senckel 2015, 101). Übernimmt ein externer rechtlicher Betreuer diese Aufgaben, wird dieser, statt den Eltern, mit dem unangenehmen Gefühl verbunden. Die Eltern können dann eher das trösten oder die gemeinsame Reflektion über das Geschehen übernehmen (vgl. Geis 2006).
Wird ein externer gesetzlicher Betreuer vom Gericht bestellt, muss er stets in Absprache mit dem Betreuten über Ausgaben und andere Entscheidungen handeln. Sollte der Betreute mit den Entscheidungen nicht einverstanden sein, stehen die Eltern als emotionelle Unterstützer weiterhin zur Verfügung.
Was bei diesem Prozess helfen kann:
Machen Sie sich deutlich, was die Übernahme der gesetzlichen Betreuung für Auswirkungen auf die Beziehung zu ihrem Kind haben kann. Die empfundene Fürsorgepflicht der Eltern überschreitet bei weitem die Entscheidungsbefugnisse eines rechtlichen Betreuers.
Nehmen Sie Angebote für Fortbildungen für gesetzliche Betreuer an, wenn Sie die Aufgabe übernehmen.
Finden Sie einen rechtlichen Betreuer, dem Sie und ihr Kind vertrauen.
Sie sind weiter für ihr Kind da, auch wenn Sie die rechtliche Verantwortung abgeben.
4.4. Unterstützung für sich selbst finden
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„Jede Reifung hat mit Wandlung zu tun!" (Vgl. Sammer 2004, 94)
Wenn Kinder erwachsen werden bedeutet das auch für die Eltern eine große Veränderung. In der Regel haben insbesondere Kinder mit einer Behinderung im Familienleben sehr viel Raum benötig. Daher ist es umso wichtiger, aktiv zu einer neuen Haltung nach dem Auszug des Kindes zu kommen. Der Vergangenheit hinterherzutrauern und Veränderungen aufhalten zu wollen, hilft meistens nicht weiter.Gerade Müttern, die sich lange mit der Erziehung ihres Kindes beschäftigt haben und keiner Erwerbstätigkeit nachgehen konnten, fällt die Rückkehr in ihren Beruf schwer. Sie leiden häufiger unter der veränderten Familiensituation als Berufstätige. [16]
Im Folgenden einige Punkte, die Ihnen helfen könnten:
- Sie sollten sich erlauben, den Gefühlen Raum geben. Sich mal einen Tag frei nehmen, die drängenden Probleme und Sorgen nicht unter Arbeit verstecken, sondern sich aktiv damit beschäftigen. [17]
- Alles im Leben wandelt sich, dadurch haben Menschen die Chance zu reifen. Auch als Eltern benötigen Sie ein stabiles Selbstwertgefühl.
- Zu ihren individuellen Ressourcen zählen Gesundheit, Problemlösefertigkeiten, ein grundlegender Optimismus, Humor, Selbstbewusstsein, emotionale Stabilität und vieles mehr. Eine wichtige Unterstützung für sich selbst ist, sich seiner Stärken bewusst zu werden. [18]
- Ebenso wichtig ist der Kontakt mit den weiterbetreuenden Unterstützern, wenn das Vertrauen zu ihnen wächst, wird es leichter, loszulassen.
- Gut ist es, um die Zeit zu füllen, vernachlässigte Dinge wieder aufzunehmen.
- Tauschen Sie sich mit anderen Eltern aus. „Die ähnlichen Erfahrungen helfen meist weiter.
- Die gemeinsame Betroffenheit kann in schwierigen Situationen helfen, sich zu orientieren, nach vorne zu schauen und eine stabilisierende Funktion erfüllen“. [19]
- Möglichkeit zu fachlich begleiteten Gesprächen wahrnehmen, „um professionelle Unterstützung bei Problemen und deren möglichen Lösung zu erhalten oder auch mit Personen zu sprechen, die nicht direkt in die Situation involviert sind und somit eine objektive Sicht auf Zusammenhänge geben können“. [20]
- Jeder Mensch hat ein Recht auf Freizeit und eigene Beschäftigungen. Ein schlechtes Gewissen ist hier fehl am Platz. [20]
- Aber auch hier die eigenen Grenzen erkennen. Bei anhaltenden Depressionen hilft der Weg zu fachlich kompetenten Therapeuten. Darum Hilfe annehmen, wenn es nötig ist. [21]
4.5. Quellenangaben
1 Spanhel, D. 2014: Erziehung zur Selbständigkeit in der Familie. In:https://www.familienhandbuch.de/babys-kinder/bildungsbereiche/selbststaendigkeit/ErziehungzurSelbstaendigkeitinderFamilie.php Zugriff am 10.05.2018
2 Fischer, U. (2006): Bindung und Ablösung bei schwer geistiger Behinderung. In: Bundesvereinigung Lebenshilfe (hrsg.). Schwere Behinderung – eine Aufgabe für die Gesellschaft! Marburg,S.281
3 Klauss, T. (2015): Menschen mit geistiger Behinderung – Ablösung vom Elternhaus (Winnenden 13 11 2015. S.37)
4 Heslop, P., Mallett, R. Simons, K. & Ward, L. (2002): Bridging the Divide at Transition. In: IOSR Journal Of Humanities And Social Science (IOSR-JHSS) Volume 17, Issue 3 (Nov. - Dec. 2013), PP 41
5 Willi 1987 in Klauss, T. (2015): Menschen mit geistiger Behinderung – Ablösung vom Elternhaus (Winnenden 13 11 2015. S.64)
6 Sammer, U. 2004: Kinder werden flügge. Knaur. 2004
7 Bronfebrenner, U. (1981): Die Ökologie der menschlichen Entwicklung. Natürliche und
geplante Experimente. Klett-Cotta, S. 43
9 Klauss, T. (2015): Menschen mit geistiger Behinderung – Ablösung vom Elternhaus (Winnenden 13 11 2015. S.10f)
10 Lempp, R.: Lebensphasen – Lebensorte. Schwierigkeiten des Erwachsenwerdens für geistig behinderte Menschen. In: Wacker, E./ Metzler, H. (Hrsg.): Familie oder Heim. Unzulängliche Alternativen für das Leben behinderter Menschen? Frankfurt/Main 1989, S.152-168
11 Teubert, B.: http://www.sueddeutsche.de/leben/empty-nest-syndrom-kinder-weg-krise-da-1.2588289-2 Zugriff: 28.02.2018
12 Sammer, U. 2004: Kinder werden flügge. Knaur. 2004
13 http://insieme.ch/leben-im-alltag/erwachsen-werden/Zugriff am 20.04.2018
14 Senckel, Barbara (2015): Mit geistig Behinderten leben und arbeiten. C.H.Beck, München S.112
15 Retzlaff, R. (2010): Familien-Stärken. Behinderung, Resilienz und systemische Therapie. Klett-Cotta Verlag, Stuttgart. S. 245
16 Gavranidou, M. (1993): Wohlbefinden und Erwerbstätigkeit im Familienverlauf. In: B. Nauck(Hg.): Lebensgestaltung von Frauen. Weinheim: Juventa, S. 246
17 Kast, V. Lebenskrisen werden Lebenschancen. Wendepunkte des Lebens aktiv gestalten. Freiburg 2006 (4. Auflage von 2000)
18 Retzlaff, R. (2010): Familien-Stärken. Behinderung, Resilienz und systemische Therapie. Klett-Cotta Verlag, Stuttgart.
19 Eckert, A. (2007) Auszug ohne Abschied. Zur Bedeutung von Ablösungsprozessen im "Zusammenleben mit" und dem "Sich-Trennen von" Heranwachsenden mit einer Behinderung. Quelle, In: Behinderte Menschen, (2007) 1, S. 54-64
20 Eckert, A. (2007) Auszug ohne Abschied. Zur Bedeutung von Ablösungsprozessen im "Zusammenleben mit" und dem "Sich-Trennen von" Heranwachsenden mit einer Behinderung. Quelle, In: Behinderte Menschen, (2007) 1, S. 62
21 Sammer, U. 2004: Kinder werden flügge. Knaur. 2004
5. Externe Unterstützer
Die Ablösephase verläuft bei jungen Menschen mit einer
geistigen Behinderung oft paradox:
„Für eine zunehmende Verselbständigung brauchen Jugendliche Kompetenzen, die jedoch nicht immer gegeben sind!“ - „Die Eltern müssen aktive Schritte dafür tun, damit die Autonomie gelingt, dabei Ausdauer zeigen – und gleichzeitig mehr und mehr die Kontrolle aufgeben“. [1]
Heranwachsende "[...] befinden sich in der schwierigen Lage,
Unterstützung bei der Verselbständigung genau von denjenigen erhalten zu
müssen, von denen sie sich eigentlich unabhängig machen wollen". [2]
Wenn Kinder sich ablösen und Unterstützung von außen
angenommen werden, muss genau geprüft werden, welche
Unterstützungen sie benötigen und was sie allein zu schaffen vermögen. Die
Eltern müssen für sich klären, was sie weiterhin tun können und wo sie sich
stärker abgrenzen wollen. [3]
Von Seiten der Unterstützung her gesehen geht es hier um eine weitere Öffnung von der familiären Unterstützung hin zu professioneller Unterstützung.
Als eines der bedeutsamsten Elemente für eine
entwicklungsfördernde Unterstützung wird die Kooperation zwischen den
sonderpädagogischen Mitarbeiten und Eltern gesehen, sie hat großen
Einfluss auf den Erfolg des
Ablösungsprozesses. [4]
Damit in dieser Übergangsphase Entscheidungen leichter getroffen werden können, soll Ihnen einen Einblick über die verschiedene Dienste in der Übergangsphase hilfreiche Informationen liefern. Der andere Focus liegt auf der Kooperation mit den externen Unterstützer und wie diese zu einer Ressource für den Umbau der Beziehung werden können:
Dienste im Übergangsbereich (5.1.).
Ressource für den Umbau der Beziehung (5.2.).
5.1. Angebote in Übergangsbereichen
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Viele Eltern fühlen sich oft von Institutionen oft allein gelassen, wenn Ihre Kinder erwachsen werden. [5] Deutsche Forschungen in diesem Bereich bestätigen, dass viele Unterstützung Angebote in den Bereichen Freizeit, Bildung und Beratung, nicht bekannt sind. Das Hilfesystem ist oft komplex und unüberschaubar und je nach Organisation und Örtlichkeiten gibt es große Unterschiede . Diese Unübersichtlichkeit führt zu Orientierungsproblemen und erschwert Entscheidungen. Vor allem fehlen beratende und koordinierende Stellen. [6] Ein guter Zugang zu Informationen – z. B. welche Angebote auf die familiären Bedürfnisse passen – wäre für viele Eltern bereits eine große Unterstützung! [7] In Deutschland werden derzeit im Rahmen eines Bundesförderprogramms flächendeckend solche Beratungsstellen eröffnet: „Ergänzende unabhängige Teilhabebratung“ nach §32 SGB IX.
Dieses Kapitel soll Ihnen ein Überblick über mögliche
Unterstützungsangebote vermitteln und ist in folgende Bereiche aufgeteilt:
- Unterstützungsangebote: Peergroup und Beziehungsnetz / Freizeit- und
Bildungsangebote (5.1.1.)
- Individuelle Begleitung: Selbständigkeit und Skills trainieren (5.1.2.)
- Unterstützungsangebote Lebensplanung (5.1.3.)
5.1.1. Unterstützungsangebote: Peergroup und Beziehungsnetz / Freizeit- und Bildungsangebote
Peergroup und Beziehungsnetz
Externe Unterstützer können allein durch Transportdienste wesentlich zur Ermöglichung von Kontakten beitragen. Persönliche Begleitung bei Unternehmungen mit Freunden oder erste „Dates“ ohne Eltern, beispielsweise ins Cafe oder ins Kino zu gehen, sind aber besonders wertvolle Erfahrungen für das Autonomiegefühl. Der Umgang kann je nach Bedarf intensiv angeleitet werden, wie Tipps zur Beziehungsgestaltung, Hilfestellungen bei der Gesprächsführung, unterstützte Kommunikation bei Artikulationsschwierigkeiten.
Diese Angebote werden oft durch Freiwilligendienste oder Studenten übernommen. Nicht selten sind die Personen im gleichen Altern, die bei der Normorientierung und Identifikationserleben eine wichtige Rolle spielen. Oftmals werden die "jungen Helfer" ganz automatischen zu Identifikations- und Bezugspersonen.
- Viele andere Aktivitäten des Alltags werden bei dem begleitenden Umgang automatisch mit trainiert, wie das Eis selber zahlen, den Weg zur Eisdiele üben, etc.
Ein gutes Beziehungsnetz auch unabhängig von elterlicher Hilfe kann Heranwachsenden mit geistiger Behinderung helfen, eigene, vielleicht auch neue Pläne zu entwickeln, zu verwirklichen und Herausforderungen zu bewältigen.
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Freizeit- und Bildungsangebote
Der Freizeitbereich ist besonders gut geeignet, um neue Kontakte zu knüpfen, etwa beim Sport treiben, beim Besuch von Kursen oder bei kulturellen oder geselligen Anlässen. Wichtig ist, dass die Jugendlichen in der Freizeit selber wählen können. Umso mehr Spaß die Aktivität macht, desto mehr wird die Motivation geweckt sich auf Neues einzulassen
Heute gibt es durchaus Freizeitangebote speziell für Menschen mit geistiger Behinderung: Freizeit-Treffs, organisierte Events, sogar Fernreisen. An Kontakt- und Singlepartys können junge Menschen mit Behinderung beim Kontaktaufbau begleitet und angeleitet werden, je nach Wunsch und Bedarf.
- Die Teilnahme an Bildungs- und Freizeitangebote sind gute Möglichkeiten Trennungen auf Zeit zu erproben.
- Um wählen zu können, sollten junge Menschen mit Behinderung genügend Informationen über Freizeitangebote in ihrer Nähe erhalten.
5.1.2. Individuelle Begleitung: Selbständigkeit und Fähigkeiten trainieren
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Jugendliche können Wissen und Erfahrungen erwerben, die sie auf die Entscheidung für eine neue Wohnform und den Auszug von zu Hause vorbereiten (in Deutschland und Schweiz): Die Dauer und die Intensität des Bildungsangebotes der Vorbereitungskurse passt sich dabei dem Niveau der Teilnehmer an. Die Kurse dauern zwischen einem und drei Jahren und sind als Grund- und Aufbaukurs zu durchlaufen. Oft kann im Anschluss direkt ein Trainingswohnen vereinbart werden, um das selbständige Wohnen in einer eigenen Wohnung oder Wohngemeinschaft ohne großes finanzielles Risiko auszuprobieren.
In den Kursen wird die Haushaltsführung aber auch das Zusammenleben gelernt: Kochen, putzen, einkaufen, kommunizieren, Konflikte lösen, Körperpflege, Verhalten im Notfall, Umgang mit Geld, Freizeitgestaltung, Wünsche und Träume, Wege üben.
In den Kursen spielen persönliches Können, die eigenen Wünsche und Ziele aber auch die Aktivitäten in der Gruppe eine wichtige Rolle. In der Erfahrung mit Anderen lernen die Jugendlichen eigene Stärken und Schwächen kennen:
"Der gesunde Stolz auf das, was jemand kann schließt das Bewusstsein dessen ein, was er nicht kann. Nur ein Selbstwertgefühl, das auf diesem Selbstbewusstsein basiert ist tragfähig". [8] Werden Schwächen akzeptiert kann Unterstützung leichter angenommen und die Unterstützung „als Mittel zur Selbständigkeit und Unabhängigkeit“ gesehen werden.
Zusammenhänge zwischen Selbstbestimmung, Wohlbefinden und
Abhängigkeit können folgendermaßen zusammengefasst werden:
Zustände menschlichen Wohlbefindens gründen aus der Ausgewogenheit zwischen größtmöglicher verantwortbarer Unabhängigkeit und bedürfnisbezogener Abhängigkeit. Als realisierte Unabhängigkeit im oben genannten Sinne ist Selbstbestimmung eine unabdingbare Voraussetzung für menschliches Wohlbefinden. [9]
Übung : “Wochenplan erstellen"
Wie könnte der wöchentliche Tagesplan Ihres Kindes aussehen?
Lassen Sie sich von folgendem Plan inspirieren: Was ich jeden Tag mache
5.1.3. Unterstützungsangebote Lebensplanung
dieser Unterpunkt möchte Sie über folgende Lebenbereiche näher informieren:
Ausbildung und Arbeit
Wohnen
Unterstützungsangebote: Paarbeziehung und Familiengründung
Zur Unterstützung der Erarbeitung von Zukunftsplänen und deren Realisierung wurde das Konzept der personenbezogenen Planung Ende der Achtziger Jahre in den USA entwickelt. Es soll dazu dienen, dass die Person selber mit ihren Wünschen und Bedürfnissen, und nicht die Unterstützungsangebote der vorhandenen Einrichtungen der Behindertenhilfe das Leben von Menschen mit Behinderungen bestimmen. Dadurch soll eine erweiterte Selbstbestimmung der betreffenden Person erreicht werden und durch die Einbeziehung der Unterstützer wird sie stärker in die Gemeinschaft integriert. [11]
Kernmethode der persönlichen Zukunftsplanung (PZP) ist eine
Zukunftsplanung im Unterstützerkreis: [12]
- Dazu werden Angehörige, Freunde, Fachleute, Kollegen
identifiziert, die für eine Zukunftsplanung unterstützend sind.
- Die planende Person lädt diese Menschen zum eigenen Zukunftsfest ein.
- Der Moderator sorgt dafür, dass die planende Person im Mittelpunkt steht und deren Träume und Ziele verfolgt werden.
- Die Co-Moderation schreibt und zeichnet alle Schritte des Prozesses auf.
- Alle Unterstützer sind wichtig, um kreative Lösungen und Sichtweisen einzubringen und die planende Person (Hauptperson) in der Umsetzung der Schritte zum Ziel zu begleiten.
Beispiel für PZP: Melanie Bros-Spähn.
Für ihre Fähigkeiten „Präsenz
und Ausstrahlung“ wurden im Prozess der PZP Arbeitsmöglichkeiten gesucht.
Ergebnis ist, dass Melanie mit Assistenten täglich soziale Einrichtungen
besucht.
Video: Inhalte der Planung
- Ausbildung und Arbeit
Manche Heranwachsende haben sehr genaue berufliche Ziele, andere haben diesbezüglich noch keine Ahnung. Wunsch und Realität können manchmal stark auseinanderdriften. Jugendliche mit geistiger Behinderung tun sich mit der Selbsteinschätzung oft besonders schwer.
Photo: IB Sued-West gGmbH
Setzten Sie sich früh mit dem Berufswunsch ihres Kindes und den möglichen Ausbildungswegen auseinander. Interessensgebieten, Stärken und Schwäche, sind besonders wichtig. Hospitationstage oder Praktika können wertvolle Erfahrungen sein.
Gehen Sie kreativ mit Wünschen Ihres Kindes um. Greifen Sie die Fähigkeiten und Wünsche als Ideen für neue Wege auf.
In den Ländern der EU sind die Unterstützungsleitungen im Bereich der Arbeit so unterschiedlich, dass hier nur allgemeine Hinweise gegeben werden können. Mehr More Informationen zu diesem Thema finden Sie im Modul "Menschenrechte" - Arbeit und Personen mit intelektuellen Beeinträchtigung.
Wo wir konkrete Hinweise beispielhaft für hilfreich halten
beziehen wir uns auf das Unterstützungssystem in Deutschland: Bei der
Stellenvermittlung sind Menschen mit einer geistigen Behinderung oftmals auf
langfristige Begleitung angewiesen. Eine Berufsbildung im herkömmlichen Sinn
mit anerkannten Abschlüssen ist bei Menschen mit kognitiver Beeinträchtigung
nicht möglich. Für sie gibt es stattdessen spezifische Möglichkeiten der beruflichen
Bildung, dies ist von EU Land zu EU Land unterschiedlich geregelt. Eine der
wichtigsten Entscheidungen in Deutschland ist hier, Unterstützung für Arbeit
und berufliche Bildung individuell zu organisieren mit persönlicher Assistenz
über ein Persönliches Budget (vgl. Beispiel Melanie).
##LINK Beratungsstellen Persönliches Budget##
Oder sich an einen Träger der Behindertenhilfe zu wenden, in Deutschland sind das Berufsbildungswerke und die Ausbildungsbereiche der Werkstätten für Menschen mit Beeintträchtigungen. In Deutschland wird weiterhin ein Angebot „Tagesförderstätte“ unterschieden: für Menschen, für die Förderung in einem zweiten Lebensraum vorrangig ist und für nicht eine verwertbare Arbeitsleistung im Vordergrund steht.
Eine berufliche Ausbildung kann zu einer Beschäftigung in einer spezifischen Werkstatt für Menschen mit Behinderung führen (System in Deutschland). Sie eröffnet aber auch die Chance auf eine Beschäftigung auf dem ersten Arbeitsmarkt. Hierfür gibt es in der EU wiederum unterschiedliche Unterstützungssysteme.
Wer sich in Deutschland an einem „geschützten Arbeitsplatz“ ausbilden lässt – also innerhalb von Einrichtungen des Systems der Behindertenhilfe, erhält in der Regel auch Hilfe bei der Stellensuche, oder wird nach der Ausbildung direkt übernommen.
Eine berufliche Ausbildung – wo und wie sie auch stattfindet - ist ein großer Schritt in die Unabhängigkeit!
Achten Sie beim Start der Ausbildung auf eine gute Begleitung. Probleme, wie Überforderung, Konzentrationsschwierigkeiten und Konflikte mit Kollegen, sind anfänglich normal. Wichtig ist dann, schnell Hilfe zu bekommen und sofort zu handeln.
In Deutschland bieten viele Werkstätten für Menschen mit Behinderung geschützte Arbeitsplätze auf dem ersten Arbeitsmarkt an und haben durch die Vermittlung und Begleitung eine „Brückenfunktion“ hin zu Inklusion.
Für Ihr Kind kann - je nach Hilfebedarf - zunächst der Besuch einer Tagesstätte eine gute Alternative sein. Zum Beispiel um auf das Arbeitsleben vorbereitet zu werden oder einer sinnvollen Tagesstruktur nachzugehen.
„Es gibt einen entscheidenden Unterschied im Erwachsenwerden geistig behinderter Kinder: Wenn Eltern ihr behindertes Kind loslassen, entlassen sie es nicht in die Selbständigkeit, sondern müssen es in fremde Hände geben. Gerade wenn das Kind schwer behindert ist, löst dies vielleicht das Gefühl aus: „Ich schiebe mein Kind ab.“ Doch das erwachsene Kind zum Beispiel in eine Wohneinrichtung ziehen zu lassen, ist keine Notlösung, sondern in vielen Fällen ein Schritt in Richtung mehr Selbstbestimmung.”. [13]
Graphics: IB Sued-West gGmbH
Ausziehen in eine eigene Wohnung bedeutet für viele Heranwachsende mit Behinderung erwachsen zu werden, auch wenn sie auf ständige Hilfe angewiesen sind. Wenn das Kind in der Familie bleiben möchte, ist es wichtig, dass möglichst viel Unabhängigkeit ermöglicht wird - sowohl für den behinderten Menschen als auch für die Eltern. Spätestens wenn die Eltern aufgrund ihres Alters nicht mehr in der Lage sind die Pflege ihres Kindes zu übernehmen, muss eine Entscheidung getroffen werden, wo ihr Kind auf Dauer einen guten Platz findet und leben will.
Die Anzahl der möglichen Wohnformen hat sich in den letzten Jahren vervielfältigt. Sie werden unterscheiden in ambulant betreutes Wohnen und stationäre Wohnheime und -gruppen. [14] Der Grad der Betreuung richtet sich nach dem individuellen Hilfebedarf. So gibt es etwa die Rund-um-die-Uhr-Betreuung oder eine Betreuung, die nur tagsüber bzw. zu bestimmten Uhrzeiten stattfindet. Es gibt inklusive ambulante Wohngruppen, in denen z.B. Studierende mit Menschen mit kognitiven Einschränkungen leben oder Wohngemeinschaften die eingebunden sind in die Gemeinschaft in soziale Wohnprojekte (z.B. Mehrgenerationenhäusern).
Die Assistenz beim Wohnen bietet in der Regel Unterstützung, Begleitung und Beratung bei allen Angelegenheiten des täglichen Lebens, wie z.B. bei Wohnungssuche und –erhalt, Haushaltsführung und Finanzplanung, persönlichen Krisen und Konflikten, Kontakte mit Behörden und Arbeitgebern, Gesundheitsfürsorge und Arztbegleitungen.
Die jungen Erwachsenen mit einer geistigen Behinderung benötigen bei der Auswahl einer geeigneten Wohnmöglichkeit intensive UnterstützungFolgende Aufgaben können bei der Planung eines Auszugs sehr hilfreich sein: [15]
- Über verschiedene Wohnkonzepte sprechen
-
Informationen einholen und individuelle Bedürfnisse
berücksichtigen.
- Ausgewählte Wohneinrichtungen besichtigen, ggf. kurzzeitigen Aufenthalt erproben
- Beim Einzug wird die Aufgabe der Eltern sein, den Mitarbeitern der Einrichtung Informationen über den Interessenten zu vermitteln und dessen Bedürfnisse, Interessen und Abneigungen mitzuteilen, sollte es demjenigen selbst nicht möglich sein
- Vorbereitung und Begleitung des Auszugs führt eher zu einem positiven Ergebnis und positiven Erfahrungen, wenn Eltern und Fachleute den Prozess gemeinsam gestalten.[16]
- Die pädagogischen Fachkräfte aus dem Bereich Wohnen arbeiten eng mit den gesetzlichen Betreuern zusammen.
Folgende Checkliste:
Unterstützungsangebote: Paarbeziehung und Familiengründung
Mit Sexualität und Partnerschaft verbindet sich häufig die Frage nach dem Kinderwunsch. Angesichts der Tragweite der Thematik raten Fachleute weitere beratende Stellen hinzuziehen. Ein reflektierter Prozess muss angestoßen und begleitet werden. Frauen und Männer mit geistiger Behinderung können lernen, ihre Fähigkeiten als Eltern richtig einzuschätzen. Zum Beispiel was es genau bedeutet, tagtäglich für ein Kind verantwortlich zu sein?
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Ermöglichen Sie ihrem Kind die Chance auf eine Partnerschaft und sprechen Sie mit ihm darüber. Das Erproben einer Freundschaft oder Liebesbeziehung verhilft dem Jugendlichen ihre Beziehungen zur Familie zu lockern, neue Bezugspersonen finden und ein Handeln in einem neuen Umfeld. (vgl. Guski&Langlotz-Brunner 1991,4).
- Sexuelle Aufklärung ist eine Grundvoraussetzung (auch als Schutz gegen sexuellen Missbrauch). Verhütungsmöglichkeiten sollten nicht nur bekannt sein, es sollte auch mit einer Methode selbstständig verhüten werden können.
- Nehmen Sie für sich Bildungsangebote zu diesem Thema wahr.
- Ermöglichen Sie Ihrem Kind die Teilnahme an entsprechenden Bildungsangeboten.
- Menschen mit geistiger Behinderung können Eltern sein. Es gibt auch hierfür professionelle Unterstützung - als „begleitete Elternschaft“. (vgl. Pforr 2008)
5.2. Ressource für den Umbau der Beziehung
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„Auch junge Menschen mit einem hohen Unterstützungsbedarf müssen den Weg in ein eigenes Leben finden, wenn auch in einem anderen Rahmen. „Endlich bin ich mein eigener Herr“, sagt ein junger Mann in seiner eigenen kleinen Wohnung. Das zeigt seine Lust am Erwachsenwerden und am selbstbestimmten Leben. Er sagt aber auch: „Ich verstehe mich prima mit meinen Eltern.“ Denn Abnabelung ist nicht gleichbedeutend mit der Abkehr vom Elternhaus. Es zeigt vielmehr, dass die Eltern vieles richtig gemacht haben. Sie haben es ihrem Kind ermöglicht, das nötige Selbstbewusstsein zu entwickeln, um den Schritt in ein eigenes Leben zu wagen.“ [17]
In diesem Kapitel möchten wir Ihnen erläutern, wie externer
Unterstützer zu einer wertvollen Hilfe bei der Veränderung des Eltern-Kind-Verhältnis
werden können. Dabei sprechen wir folgende Punkte an:
- Die Beziehung wird umgebaut (5.2.1.)
- Aufbau von wechselseitigem Vertrauen (5.2.2.)
- Verantwortung - Risiken teilen (5.2.3.)
5.2.1. Die Beziehung wird umgebaut
Der Prozess der Ablösung kann auch als der Prozess der „Beziehungsumgestaltung“ zwischen den Beteiligten verstanden werden.
Wenn das Kind allmählich erwachsen wird, kann aus einer Beziehung zwischen einem Aufschauenden und einem Abschauenden eine Beziehung auf einer Ebene zwischen zwei erwachsenen Menschen werden. Der Kontakt zueinander wird dann freiwillig angestrebt und das Leben ist unabhängig voneinander möglich. [18]
So wie man zu anderen Kindern, die von zu Hause ausziehen, noch mehr oder weniger intensiven Kontakt hält, so kann man das mit Kindern mit Behinderung genauso: Gemeinsame Unternehmungen, Einladungen zum Abendessen, Telefonate. All das lässt die Verbindung zu Ihrem Kind bestehen. Es gibt vielfältige Möglichkeiten weiterhin ein Miteinander zu gestalten, nur eben in einem geringeren Umfang.[19]
Die pädagogischen Fachkräfte können für den jungen Erwachsenen während des Umbau- und Ablösungsprozesses zu einer engen und wichtigen sozialen Unterstützung, also eine Ressource werden.
Bei der Umgestaltung der Beziehung und des Übergangs ist wichtig, dass die Lebenswelten / "Systeme“ (z.B. Familie und Heim) Verbindung miteinander haben. Das heißt Erfahrungen und Verhaltensweisen, die ein Mensch in einem System erlernt hat, soll auch in anderen Systemen anwendbar sind. Zudem ist wichtig, dass der Menschen sich als Mitgestalter der verschiedenen Systeme erlebt und Einfluss haben kann.[20]
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5.2.2. Aufbau wechselseitigen Vertrauen
Um sein Kind gut in andere Hände geben zu können braucht man
Vertrauen in die Personen, die das Kind begleiten. In der Phase der Vertrauensbildung
ist wichtig sich und dem Anderen Zeit zu geben. [21]
Insbesondere wenn das Kind auszieht ist es hilfreich den komplexen Prozess von `Ablösen und Ankommen` zu beachten. Dabei haben die beteiligten Personen unterschiedliche Interessen und Bedürfnisse: Die Eltern als „Experten“ für ihren Sohn/ ihre Tochter, der einziehende Bewohner als „Experte“ für seine eigenen Bedürfnisse und der Mitarbeiter als „Experte“ für Methoden und Konzepte.
Werden die unterschiedlichen Perspektiven und Arbeitsweisen kennen gelernt, können diese auch akzeptiert und gegenseitig unterstützt werden. Auf dieser Basis können „alte“ und „neue“ Lebenswelten miteinander in Einklang gebracht werden.
Als wichtigster Faktor wird aber die Zusammenarbeit zwischen
den Eltern und dem Unterstützerkreis gesehen. Hier entstehen oft Konflikte darüber,
dass die jeweiligen Kompetenzen nicht anerkannt werden. „(…) [D]ie Eltern [fühlen]
sich [oft] missverstanden und als angeblicher „Hemmschuh“ für die Entwicklung
ihrer Kinder. Und auf der anderen Seite haben die Professionellen den Eindruck,
sie könnten es den Eltern nie gut genug machen. [22]
Wie kann eine aktive Gestaltung der Beziehung zwischen den
Eltern und den Unterstützern aussehen?
Die Beachtung folgender Punkte können
eine erfolgsversprechende partnerschaftliche und gleichberechtigte Kooperation
ermöglichen:
- Zeigen Sie Offenheit in der Zusammenarbeit, dann können die unterschiedlichen Ausgangspositionen wahrgenommen werden.[23]
- Planen Sie Zeit für Gespräche ein! „Gespräche und Kontakt sollten nicht erst dann stattfinden, wenn „etwas vorgefallen ist“, sondern als Kontaktpflege und vertrauensbildende Maßnahme selbstverständlich in der Arbeit werden"
- Überlegen Sie sich, ob und wieviel Sie aktiv in der Einrichtung „mitarbeiten“ wollen.
Vermeiden Sie Konkurrenzsituationen! Es schadet dem Kind![24]
5.2.3. Verantwortung und Risiken teilen
„Wenn der junge Erwachsene in eine Einrichtung zieht, ist zu klären, in welcher Form die Verbundenheit zur Familie gewahrt bleiben kann; die Elternschaft geht auch nach der Ablösezeit weiter. Oft bleiben Eltern für bestimmt Bereiche zumindest partiell verantwortlich, müsssen gleichzeitig aber auch bestimmte Verantwortungen an andere Personen, wie z.B. Mitarbeiter des betreuten Wohnen abgeben". [25]
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Menschen mit geistiger Behinderung sind - je nach
Hilfebedarf - lebenslang auf besondere Begleitungen und Hilfen angewiesen. Sie
leben ein einem "dreipoligen Beziehungsgeflecht", in einem Dreieck in
Abhängigkeit von professionellen und privaten Bezugspersonen. [26]
Schwierigkeiten können sich ergeben, weil Pädagoginnen elterntypsiche Aufgaben übernehmen. Beide fühlen sich für gleiche Aufgaben zuständig, z.B. für Kleidung, die Selbstversorgung und die Zukunftsplanung. Die Aufgaben „überlappen sich“.
Neben allen „Überlappungen“ ist wichtig, dass beide Seiten
erkennen, dass sie vor allem auch unterschiedliche Kompetenzen und Stärken
haben, die für ihre Kinder bzw. die Bewohner sehr wichtig sind.
„Kooperationen
bedeutet hier also nicht nur gut Zusammenarbeit, Absprache und Kommunikation, miteinander,
sondern vor allem auch Arbeitsteilung. Weder Familie noch PädagogInnen können
jeweils alleine den Menschen das geben, was sie brauchen".
Zu dieser Klärung gehört die Verabredung einer
Arbeitsteilung.
Was meint das?
- "Eltern sind und bleiben Eltern! Ihre Stärke und ihre
Bedeutung für ihre Tochter und ihren Sohn bestehen darin, dass sie als
Bezugsperson verlässlich sind. Sie wechseln nicht wie das pädagogische Personal.
Sie bieten emotionalen Rückhalt, und sie sind einfach da. Eltern können ihr ´Kind
bevorzugen und es für die wichtigste Person halten und ihm das auch zeigen“. [26]
- „Die professionellen BegleiterInnen können das nicht wirklich bieten. Sie können nie versprechen, ohne Vorbehalt und auf Dauer eine verlässliche Beziehung zu gewährleisten. (..) Profis haben andere Stärken: Sie können fördern und fordern, sie können neue Welten und Fähigkeiten erschließen, sie können mehr zutrauen und abverlangen. Sie können ganz anders konsequent sein als Eltern, soziales Verhalten einfordern und Menschen als Erwachsene ansprechen“. (ebd)
Bei gelungener Kooperation zwischen Familien und Heim gelingt folgendes (Klauss 2015, 32):
- Gleiches Ziel (an)erkennen, wie Wohlbefinden, Selbständigkeit im Alltag, befriedigende Sozialbeziehungen, interessanter Alltag
- Unterschiedliche Aufgaben (an)erkennen
- Verabredete Arbeitsteilung: Sich auf die eigenen Stärken konzentrieren und diese einbringen
- Um Konflikte zu vermeiden ergibt sich für Angehörige und Profis die Aufgabe, dass sie auch ihr Verhältnis zueinander klären und regeln müssen (vgl. ebd. 31)
- Klären sie bei der Absprache der Arbeitsteilung was beide Seiten möglichst auf gleiche Art und Weise tun sollten und was nicht. Es darf Unterschiede geben!
- Für Kinder die im Heim wohnen können sich durch Arbeitsteilung große Chancen ergeben: Wenn klar ist was zu Hause gilt und und was im Heim gilt, dann müssen Unterschiede nicht schwierig sein. Dem Kind werden dadurch unterschiedliche Welten ermöglicht. So wie sich jeder – je nach Rolle – anders verhält (Klauss 2015, 34).
- Es kann hilfreich sein, den Wechsel der Welten deutlich zu machen. Z.B. die Kleidung zu wechseln, wenn man nach Hause fährt (Orientierungs-, Bezugspunkte und Rituale schaffen).
Dabei beschreibt Kittay eine Situation mit ihrer Tochter Sesha:
" Ich möchte das Leben derer, die an sozialer Vernachlässigung und in unangemessene Institutionen zerbrechen, mit dem von Sesha vergleichen. Ich erinnere mich an einen Morgen in meiner Küche. Sesha frühstückt in Begleitung ihrer Betreuerin und ich schleiche mich an, um ihr einen Kuss zu geben. Sesha ist wie immer erfreut, mich zu sehen. In dem Bestreben, mir einen ihrer bestimmenden Küsse zu geben, versucht sie, mich an den Haaren zu packen, um mich an ihren Mund zu ziehen. Gleichzeitig kitzeln sie meine Küsse und sie muss so kichern und sich darauf zu konzentrieren, nicht das Marmelade-Toast fallen zu lassen, bevor sie nach meinen Haaren greift. Ich kann, den klebrigen Toast, das Haareziehen und den Mund mit Himbeermarmelade. In diesem charmanten Tanz, erleben Sesha und ich einige unserer schönsten Momente - lachen, ducken, packen, küssen. "
5.3. Quellenangaben
1 Retzlaff, R. (2010): Familien-Stärken. Behinderung, Resilienz und systemische Therapie. Klett-Cotta Verlag, Stuttgart. S.245
2 Hennies, I.; Kuhn E. J. (2004): Ablösung von den Eltern. In: Wüllenweber, Ernst (Hg.): Soziale Probleme von Menschen mit geistiger Behinderung. Fremdbestimmung, Benachteiligung, Ausgrenzung und soziale Abwertung. Stuttgart: Kohlhammer
3 Retzlaff, R. (2010): Familien-Stärken. Behinderung, Resilienz und systemische Therapie. Klett-Cotta Verlag, Stuttgart. S.245
4 Schultz, A. (2010): Ablösung vom Elternhaus. Bundsvereinigung Lebenshilfe (Hrsg.) S.122
5 Beyer, I. (2013): Unser Kind wird erwachsen. Das Eltern-Magazin der Bundesvereinigung Lebenshilfe. 1. Auflage 2013. Hrsg. Lebenshilfe e.v., Marburg. S.8
6 Eckert, A. (2007-2) Familien mit einem behinderten Kind. Zum aktuellen Stand der wissenschaftlichen Diskussion. Quelle, In: Behinderte Menschen, (Nr. 1 / 2007) 1, S. 40 – 53
7 Eckert, A. (2007-2) Familien mit einem behinderten Kind. Zum aktuellen Stand der wissenschaftlichen Diskussion. Quelle, In: Behinderte Menschen, (Nr. 1 / 2007) 1, S. 40 – 53
8 Klauss, T. (2015): Menschen mit geistiger Behinderung – Ablösung vom Elternhaus (Winnenden 13 11 2015. S.80
9 Hahn, Martin: Selbstbestimmung im Leben auch für Menschen mit geistiger Behinderung.Geistige Behinderung 1994 S. 86
10 Beyer, I. (2013): Unser Kind wird erwachsen. Das Eltern-Magazin der Bundesvereinigung Lebenshilfe. 1. Auflage 2013. Hrsg. Lebenshilfe e.v., Marburg. S.8
11Döbling, K.(2004): Förderung von Selbstbestimmung und Integration von Menschen mit geistiger Behinderung, München, Disserta Verlag, Hamburg. S.10
12 https://www.persoenliche-zukunftsplanung.eu/fileadmin/Webdata/Tagung-Berlin/Dokus/doku-arbeitsgr.20-tg.pzp-berlin-2011.pdf Zugriff 20.04.2018
13 Beyer, I. (2013): Unser Kind wird erwachsen. Das Eltern-Magazin der Bundesvereinigung Lebenshilfe. 1. Auflage 2013. Hrsg. Lebenshilfe e.v., Marburg. S.8
14 Retzlaff, R. (2010): Familien-Stärken. Behinderung, Resilienz und systemische Therapie. Klett-Cotta Verlag, Stuttgart. S.245
15 Seifert, M. (2004): Wenn Anforderungen zur Überforderung werden. Ablösung vom Elternhaus – im Interesse des Kindes. In Geistige Behinderung 4, 43. Jg., S.319
16 Eckert, A. (2007) Auszug ohne Abschied. Zur Bedeutung von Ablösungsprozessen im "Zusammenleben mit" und dem "Sich-Trennen von" Heranwachsenden mit einer Behinderung. Quelle, In: Behinderte Menschen, (2007) 1, S. 63(Winnenden 13 11 2015. S.80
17 Beyer, Ina (2013): Unser Kind wird erwachsen. Das Eltern-Magazin der Bundesvereinigung Lebenshilfe. 1. Auflage 2013. Hrsg. Lebenshilfe e.v., Marburg. Vorwort
18 Papastefanou, Christiane (1997): Auszug aus dem Elternhaus. Aufbruch und Ablösung im Erleben von Elternund Kindern. Juventa, Weinheim
20 Bronfenbrenner, U.: Die Ökologie der menschlichen Entwicklung. Natürliche und geplante Experimente. Klett-Cotta, 1981
21 Uphoff, Gerlinde (2018): Interview im Rahmen des Projekts ELPIDA am 20.02.2018
22 Beyer, I. (2013): Unser Kind wird erwachsen. Das Eltern-Magazin der Bundesvereinigung Lebenshilfe. 1. Auflage 2013. Hrsg. Lebenshilfe e.v., Marburg. S.8
23 Eckert, A. (2007) Auszug ohne Abschied. Zur Bedeutung von Ablösungsprozessen im "Zusammenleben mit" und dem "Sich-Trennen von" Heranwachsenden mit einer Behinderung. Quelle, In: Behinderte Menschen, (2007) 1
24 Klauss, T. (2015): Menschen mit geistiger Behinderung – Ablösung vom Elternhaus (Winnenden 13 11 2015. S.6)
25 Retzlaff, R. (2010): Familien-Stärken. Behinderung, Resilienz und systemische Therapie. Klett-Cotta Verlag, Stuttgart. S.245
26 Klauss, T. (2015): Menschen mit geistiger Behinderung – Ablösung vom Elternhaus (Winnenden 13 11 2015)
27 Klauss, T. (2015): Menschen mit geistiger Behinderung – Ablösung vom Elternhaus (Winnenden 13 11 2015)