Erwachsenwerden

2. Mein Kind verstehen

2.1. Pubertät verstehen

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Dieses Ding soll mein Körper sein?!“ Diese Frage stellt sich häufig dem Pubertierenden bei den Veränderungen seines Körpers.

Das Aussehens und die Proportionen ändern sich, Arme und Beine werden länger, die primären Geschlechtsmerkmale wachsen und die sekundären bilden sich aus. So wachsen zum Beispiel Haare, wo zuvor keine waren. Diese körperlichen Veränderungen sind für alle Menschen weitgehend gleich und in der Regel mehr oder weniger schwierig zu verarbeiten.
Die körperlichen Veränderungen sind für die Eltern relativ einfach zu erkennen. Schwieriger wird es im emotionalen Bereich. Oft ist es eine offene oder stille Rebellion gegen Vorschriften. Die Diskussion um den Zeitpunkt des Nachhausekommens, die Wahl des Kleidungsstils und das Aussehen. Wenn Jugendliche zickig und aggressiv werden, alle anderen außer den besten Freunden blöd sind und Eltern nur noch peinlich, sind dies Zeichen der Pubertät. 


Aber wie sind die Veränderung durch die Pubertät für die jungen Menschen?

Im psychischen Bereich fühlt sich der Heranwachsende in der ersten Phase der Pubertät häufig unsicher, er wird quasi von den körperlichen Veränderungen „überrumpelt“ und weiß nicht so recht, wie er damit umgehen soll.

Es stellt sich ein erhöhtes Schamgefühl ein, plötzlich zeigt sich das Kind nicht mehr nackt vor den Eltern. Selbstzweifel und depressive Verstimmungen sind in dieser Phase nicht selten. Diese können sich jedoch auch immer wieder mit Wutausbrüchen abwechseln.

Durch den Wachstum und Hormonumstellung ändert sich auch das Verhalten. Der ohnehin durch die körperlichen Veränderungen verunsicherte Jugendliche reagiert auf kleine Anlässe mit heftigen Stimmungsschwankungen. Das männliche Sexualhormon Testosteron kann aggressionssteigernd wirken. Daher neigen gerade Jungen zu aggressiven Durchbrüchen. Die Aggressionen richten sich gegen alles, was sich dem jugendlichen Entfaltungsdrang entgegenstellt, besonders gegen die Eltern und die gesellschaftlich vorgegebenen Regeln und Normen. [1]

Die Palette der Gefühle offenbart sich intensiv in vielen Bereichen. Neben den Wutausbrüchen kommt es zu überschießender Freude und im nächsten Moment Reue über den Wutausbruch. Auch andere „neue“ Emotionen wie Rivalität und Eifersucht werden entdeckt. Der Jugendliche vergleicht und misst sich mit seinen Altersgenossen, im Bestreben ‚der Beste‘, ‚der Coolste‘, der Beliebteste‘ zu sein.

Der Jugendliche befindet sich in einem Spannungsfeld zwischen den kindlich vertrauten Beziehungsformen und neuen, noch nicht erprobten Möglichkeiten. Dies und eine unbekannte Zukunft lösen einen Aufruhr der Gefühle aus. Abschiedsschmerz und Trauer über das Ende der Kindheit, Angst vor dem Verlust der Sicherheit, Unsicherheit, auch im 'neuen' Körper und Selbstzweifel stehen gegen Hoffnung und Zuversicht, Vertrauen in die eigene Stärke und Wut auf alles, was sich den Zielen entgegenstellt

In dieses Gefühlschaos kommt die Frage der sexuellen „Identitätsfindung“: Wer bin ich als Mann oder Frau? Wie fühle ich mich in dieser Rolle? Wie wirke ich auf andere? Denn durch die hormonelle Veränderung ist das Interesse an möglichen Partnern erwacht.


In diesem Kapitel beleutchten wir näher das Verhalten während der Pubertät und Adoleszenz. In dem Modul „sexuelle Gesundheit“ werden die körperlichen Aspekte genauer beschrieben, siehe dort z. B. das Kapitel "Pubertät".

 

"Das Konzept der Entwicklungsaufgaben" von Prof. Robert Havighurst, 1948 zum ersten Mal postuliert, hat auch heute noch Gültigkeit [2]. Demnach hat der Mensch entsprechend seines jeweiligen Lebensabschnittes Aufgaben, die es zu bewältigen gilt. So sind dies in Pubertät und  Adoleszenz [3]:

  • Autonomie/Ablösung von den Eltern erlangen
  • Die eigene Identität in der Geschlechtsrolle finden
  • Ein eigenes System von Moral- und Wertvorstellungen aufbauen
  • Eine eigene Zukunftsperspektive entwickeln und/oder eine Berufswahl treffen