Erwachsenwerden
4. Loslassen - Was bedeutet die Ablösung für die Eltern?
4.3. Eltern als gesetzliche Betreuer – sich Vor- und Nachteile bewusst machen
Mit dem 18. Geburtstag wird das Kind volljährig und es kann über seine Belange selbst entscheiden. Dies sollte man vor Augen haben, wenn z.B. ein junger Erwachsener von einem Tag auf den anderen selbst über sein Geld verfügen darf und für eventuelle Schulden verantwortlich ist.
Sowohl der Jugendliche als auch die Eltern müssen zwischen elterlicher Autorität und gesetzlicher Betreuung unterscheiden lernen.
Hierzu ein Auszug aus dem Gesetzestext zur rechtlichen Betreuung in Deutschland: §1901 BGB
(1) Die Betreuung umfasst alle Tätigkeiten, die erforderlich sind, um die Angelegenheiten des Betreuten nach Maßgabe der folgenden Vorschriften rechtlich zu besorgen.
(2) Der Betreuer hat die Angelegenheiten des Betreuten so zu besorgen, wie es dessen Wohl entspricht. Zum Wohl des Betreuten gehört auch die Möglichkeit, im Rahmen seiner Fähigkeiten sein Leben nach seinen eigenen Wünschen und Vorstellungen zu gestalten.
(3) Der Betreuer hat Wünschen des Betreuten zu entsprechen, soweit dies dessen Wohl nicht zuwiderläuft und dem Betreuer zuzumuten ist. Dies gilt auch für Wünsche, die der Betreute vor der Bestellung des Betreuers geäußert hat, es sei denn, dass er an diesen Wünschen erkennbar nicht festhalten will. Ehe der Betreuer wichtige Angelegenheiten erledigt, bespricht er sie mit dem Betreuten, sofern dies dessen Wohl nicht zuwiderläuft.
Ein Erwachsener mit geistiger Behinderung hat exakt die gleichen Rechte wie alle anderen, doch darüber hinaus profitiert er von mehr Schutz. Sind die Voraussetzungen für die Anordnung erfüllt, werden bei der Auswahl des Betreuers vorrangig die Wünsche des betreuten Menschen beachtet.
Je nach Beeinträchtigung und Fähigkeiten kann es Sinn
machen, nur für manche Bereiche eine rechtliche Betreuung zu beantragen. Die
Bereiche können - nach den Bedürfnissen - auf eine bestimmte Zeit beantragt werden, z. B. für den Bereich der Gesundheitsfürsorge oder "nur" für die Abwicklung eine testamentliche Angelegenheit.
Gefährliche Handlungen übertreffen auch die Kompetenz eines rechtlichen Betreuers. Diese Vorgänge erfolgen in Deutschland immer in Rücksprache mit dem Betreuungsgericht. (http://www.bundesanzeiger-verlag.de/betreuung/wiki/Heilbehandlung#Betreuungsgerichtliche_Genehmigung)
In den meisten Fällen wollen jedoch die Eltern die Betreuung für ihr Kind übernehmen. Widerspricht das Kind diesem Vorschlag nicht, wird das Gericht sie zu Betreuern bestellen, soweit dies dem Wohl des Betreuten entspricht.
Den Eltern sollte jedoch im Vorfeld bewusst sein, dass die Ausführung des Amts zu Interessens- und Rollenkonflikten führen kann: Als gesetzliche Betreuer müssen sie zum Wohle des Betreuten entscheiden. Für das „Wohl“ gibt der Gesetzgeber ein Maß vor: die Wünsche und Vorstellungen des Betreuten über die Gestaltung des eigenen Lebens. Das kann von dem abweichen, was ein Vater oder eine Mutter sich vorstellt und dennoch für Außenstehende in einem vertretbaren Rahmen sein. Ist die Person durch bestimmte Aktionen wirklich gefährdet? Eltern dürfen in ihrer Rolle als Eltern versuchen, das Kind von eigenen Vorstellungen für ihr Leben zu überzeugen. Rechtliche Betreuer nicht.
Es wird immer Fälle geben, in denen rechtliche Betreuer aus guten Gründen gegen den Willen des Betreuten handeln müssen. Zum Beispiel wenn ein geistig beeinträchtigter Mensch nicht mit Geld umgehen kann. Einkäufe über das Internet oder Verträge können mittels eines Einwilligungsvorbehalts durch den rechtlichen Betreuer rückgängig gemacht werden. Ein Handyvertrag kann dadurch ungültig und das Handy infolge dessen zurückgegeben werden. Als Eltern bekommen Sie die Wut ihres Kindes darüber voll zu spüren und dies macht sich eventuell auch in anderen Bereichen bemerkbar. Sind die Ablösekämpfe der jungen Erwachsenen noch nicht vollständig ausgestanden, könnte sich die Kämpfe um Unabhängigkeit nun noch um die Belange der Betreuung erweitert. Das Kind nimmt die Vorgaben nicht mehr als selbstverständlich hin und will die gesteckten Grenzen überschreiten Die Eltern erscheinen erneut als Hindernisse auf dem Weg zur Verselbstständigung. (Senckel 2015, 101). Übernimmt ein externer rechtlicher Betreuer diese Aufgaben, wird dieser, statt den Eltern, mit dem unangenehmen Gefühl verbunden. Die Eltern können dann eher das trösten oder die gemeinsame Reflektion über das Geschehen übernehmen (vgl. Geis 2006).
Wird ein externer gesetzlicher Betreuer vom Gericht bestellt, muss er stets in Absprache mit dem Betreuten über Ausgaben und andere Entscheidungen handeln. Sollte der Betreute mit den Entscheidungen nicht einverstanden sein, stehen die Eltern als emotionelle Unterstützer weiterhin zur Verfügung.
Was bei diesem Prozess helfen kann:
Machen Sie sich deutlich, was die Übernahme der gesetzlichen Betreuung für Auswirkungen auf die Beziehung zu ihrem Kind haben kann. Die empfundene Fürsorgepflicht der Eltern überschreitet bei weitem die Entscheidungsbefugnisse eines rechtlichen Betreuers.
Nehmen Sie Angebote für Fortbildungen für gesetzliche Betreuer an, wenn Sie die Aufgabe übernehmen.
Finden Sie einen rechtlichen Betreuer, dem Sie und ihr Kind vertrauen.
Sie sind weiter für ihr Kind da, auch wenn Sie die rechtliche Verantwortung abgeben.