Altern

2. Der Alterungsprozess

2.4. Wie gelingt älter werden?

Die Grundlage eines gelingenden Alterungsprozesses wird meist schon in der Jugend gelegt. Nicht nur Ernährung und Sport tragen zu Gesundheit bei, ebenso Sozialisation, Musik und lebenslangem Lernen. (8).

Nicht wenige Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung wissen nicht, auf was im Hinblick auf ihre eigene Gesundheit zu achten ist: Es fehlt ihnen an Wissen und Ideen, was getan werden kann und sollte. Etliche ältere Erwachsene sind auf andere angewiesen, um aktiv werden zu können und manchmal haben Familie, Geschwister und Mitarbeiter keine Zeit, mit ihnen gemeinsam aktiv zu werden. Die größte Bedrohung für einen "erfolgreichen" Alterungsprozess ist Inaktivität.

Als vorsorgende Gesundheitsmaßnahme wird allen Erwachsenen eine tägliche mindestens 30-minütige  körperliche Aktivität angeraten, mindestens aber an den Wochentagen. Nicht jeder ältere Mensch ist aber in der Lage, sich an körperlichen Aktivitäten, auch nicht mit mäßiger Intensität, zu beteiligen, z.B. bei Vorliegen einer Zerebralparese. Einige können durch gesundheitliche Probleme ernsthaft gefährdet werden.

Man with walking sticksPhoto: Lars Aage Hynne

Das Alter und der Alterungsprozess der Eltern beeinflussen deren Kinder. Ruhestand, Krankheit, Tod, Umzug (in Pflegeheime) der Eltern beeinflussen persönliche Stabilität und Entscheidungen. Abhängigkeiten von Eltern oder anderen Menschen haben Einfluss auf die persönliche Weiterentwicklung beeinflussen die Möglichkeit der persönlichen Entwicklung und Wahlmöglichkeiten im Leben der Kinder.

Die Pensionierung ist ein Übergang in eine neue Lebensphase. Mit steigendem Alter und zunehmenden funktionalen Einschränkungen kann es sich als schwierig erweisen, so wie bisher weiterzuarbeiten. Wichtig hierbei ist, das nicht als Niederlage zu empfinden. Ein individuelle Arbeitszeitregelung kann helfen, z.B. an  weniger Tagen oder  weniger Stunden zu arbeiten.

Auch wenn der Ruhestand Zeit für eine Vielzahl von Alltags- und Freizeitaktivitäten bietet, die sinnvoll erscheinen mögen, möchten etliche Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung über das Rentenalter hinaus arbeiten. Einige, weil sie sich ohne Arbeit sozial isoliert fühlen.

Jeder ist verschieden, deshalb sollte man immer das persönliche Gespräch suchen und Dinge wie  Altern und Ruhestand ansprechen.

Hier ein Auszug aus einem Gespräch mit Anne Marie, 59 Jahre: 

Anne Marie, ich möchte dich fragen, wie ist das für dich älter zu werden? Was denkst du darüber, älter zu sein?

- Ich weiß noch nicht, ich ...

Fühlst du dich bereits alt?

- Nein, ... ich bin nicht alt, ich ...

Meinst du, dass du dich nicht verändert hast?

- Nein - aber in drei Jahren werde ich 60.

Was glaubst, wie es für Anne Marie im Ruhestand sein wird?

- Nein, das ist, was du meinst, es hängt (aber) von mir ab. Ich will nicht ...

Du willst so weiterleben wie bisher?

- Ja, wie jetzt - und am Arbeitsplatz.

Es ist möglich auch in deinem Ruhestand dahin zu gehen  - wird das im Alter von 62 oder mit 64 Jahren sein?

- Ich habe gehört mit 63, ... du weißt, ich nähe ich nur.

Fühlst du dich alt??

- Nein.(9:162)

Person packing books

Photo: Jørn Grønlund


Ein Hilfsmittel, das in Gesprächen nützlich sein kann, eine Planungshilfe, ist My days as old. Dieses einfach zu  verstehende Instrument können die meisten, vielleicht mit ein bisschen Unterstützung, verstehen und man kann seine eigenen Gedanken und Wünsche für die Zeit nach der Pensionierung entwickeln.

Folgt man der aktuellen Forschung, bedeutet das, sich von einem einseitigen Fokus auf die Ursachen und Folgen von Behinderung und Krankheit abzuwenden und persönliche Stärken mit in den Fokus zu aufzunehmen: Mit der Behinderung leben können, die mit ihr einhergehenden Einschränkungen anerkennen, aber auch die persönlichen Beziehungen, Netzwerke  und das Gefühl wertgeschätzt und wertvoll zu sein, als wichtig zu erachten. Menschen mit einer bejahenden Haltung gegenüber dem Leben leben seltsamer länger als andere.

Faktoren, die sich auf ein positives Lebensgestaltung auswirken, sind die Erfahrung, das eigene Leben zu steuern zu können, Selbsteinschätzung, Persönlichkeit und Beziehungen. Die Einstellung der Menschen bestimmt in stärkerem Maße die Lebenserwartung und Lebensqualität als Wohlstand und Gesundheit (10). Enge Beziehungen stellen das "Immunsystem" dar und sind gleichbedeutend mit Vorbeugemaßnahmen hinsichtlich des Erhalts der eigenen Gesundheit (11).Wissenschaftlich betrachtet sind die folgenden Faktoren bedeutsam für einen gelingenden Alterungsprozess (8)

  • Teilhabe am Leben
  • neue Dinge lernen
  • sorgsam mit Herz und Verstand umgehen
  • Stress meistern
  • Dehnen und beugen, körperliches Kräftigung: Gleichgewicht und Koordination trainieren
  • Stimulation aller Sinne, z.B. durch Tanzen und Musik hören
  • stell vorstellen, jung zu sein
  • Spaß haben
  • vom Leben lernen (an der eigenen Lebensgeschichte arbeiten)
  • innere Ruhe finden
  • sich mit sich selbst versöhnen und und eigene Werte leben
  • das Leben lieben lernen

AKTIVITÄTEN:

  1. Lesen Sie obige Aufstellung und versuchen Sie, sich  die Lebenswirklichkeit ihres  Kindes / Bruder oder Schwester / Klienten vorzustellen. Wünschenswert wäre, wenn Sie gemeinsam darüber sprechen würden, was geändert werden kann, um besser leben zu können. 
  2. Identifizieren Sie drei Faktoren für ein gelingendes Altern, von denen Sie meinen, dass Ihr Kind / Geschwisterteil / Kunde von der Veränderung profitieren wird.
  3. Finden Sie gemeinsam heraus, wie diese Veränderungen für Ihr Kind / Geschwister / Klienten Teil des Alltags werden können - und vielleicht für die ganze Familie.