Altern

4. Gesundheit

4.7. Informationen, Gespräche und Entscheidungen

Die meisten Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung haben nie eine Schule besucht. Ihr Wissen über den Alterungsprozess ist begrenzt und ihr Verständnis davon, wie eine körperliche Krankheit entstehen kann, ist vielleicht begrenzt. Die meisten von ihnen verstehen ihre Körperfunktionen nicht und können körperliche Veränderungen und Symptome nicht mitteilen.

Begriffe aus Biologie und Physiologie, die z.B. in Behandlungen verwandt werden, sind für sie in der Regel schwer verständlich (eigentlich auch für uns). Die medizinische Sprache in Worten und Bildern ist abstrakt und recht komplex und mangelnde Kommunikationsfähigkeiten führen leicht zu Abhängigkeiten.

In nachfolgendem Video kommen Personen der Selbsthilfegruppe "Mein Leben, meine Wahl" zu Wort und sprechen über Erfahrungen im Umgang mit Gesundheitschecks und Gesundheitsdiensten (27):

  

HealthWatch  von My Life My Choice auf Vimeo.

Wenn Menschen krank werden und professionelle Hilfe benötigen, sind viele Entscheidungen zu treffen. Die Möglichkeiten der Selbstbestimmung hängen ab vom Wissen und den Informationen ab, die man erhält. Sie sind die Grundlage möglicher Entscheidungen.

"Professionelle Macht" wird manchmal als eine Form der Unterdrückung verstanden und "Erwartungen sind wirklich die wichtigsten Kontrollmethoden in jeder Kultur oder Gemeinschaft" (17). Beeinträchtigte Menschen werden oft in eine Empfängerrolle gezwängt. Im Fall der Verweigerung der Annahme der Leistung, ist es der Patient, der ein Problem hat.  Diejenigen, die protestieren, laufen Gefahr, als undankbar zu gelten oder einer psycho-medizinische Diagnose zu erhalten. Diese Frage wirft häufig die Fragen auf, "Wer ist der eigentlich Betroffene?" "Welche Wechselwirkung findet statt?" und "Wer kann was tun?"

Beteiligungen im Entscheidungsprozess sind wichtig, um die Versorgungsqualität und die Lebensqualität zu Patienten zu verbessern. Sie sind ein Zeichen von Respekt, aber auch wichtig, um getroffene Beurteilungen zu überprüfen, die anderen nicht notwendiger Weise zugänglich sind. Es ist eine Tatsache, dass in den meisten Ländern beeinträchtigte Erwachsene weitestgehend von der Entscheidungsfindung in gesundheitlichen Angelegenheiten ausgeschlossen sind (1, 14, 15).

Man reading a book

Photo: Britt-Evy Westergård

Fehlen Menschen Kenntnisse über das eigene Altern, besteht ein großes Risiko paternalistischer und autoritärer Haltungen, die sich in Aussagen Dritter, wie „Ich kenne die beste Person“, äußern. Macht, die übertragen wird (z.B. von Eltern oder Dienstleistern), stattet andere mit Macht aus. Das Ziel ist, dass der Patient ermächtigt wird Entscheidungen zu treffen, die Aufgabe der Berater (z. B. Mitarbeiter und Eltern) liegt darin, auf gewünschte Entscheidungen ein Feedback zu geben (16) im Hinblick auf die Entscheidungsfindung. Viel Zeit zum Zuhören, Gespräche und Austausch ist eine Grundvoraussetzung für einen erfolgreichen Alterungsprozess.

Ältere intellektuell beeinträchtigte Erwachsene sollten beteiligt werden, wenn über ihr weiteres Leben und Wahlmöglichkeiten in Pflege und Betreuung gesprochen wird. Dafür gilt es geeignete Formen des Dialogs zu finden und es müssen nicht immer verbale sein.

Der vorrangige Zweck der Einbeziehung der Blickwinkel von beeinträchtigten Menschen steht in Zusammenhang mit einer Gestaltung von Lebenswelten, die Autonomie verbessern, Wünsche der Patienten/Klienten respektieren und Lebensqualität bieten. Die Blickwinkel der jeweils betroffenen Personen müssen bei Diskussionen über Interventionen und Unterstützungsleistungen berücksichtigt werden. Praktische Übungen können beinhalten (18):

  • Bewertung persönlicher Perspektiven bei Entscheidungsfindungen
  • Ermöglichung einer Peer-to-Peer-Unterstützung
  • Auswahl ermöglichen
  • Erweiterung zur Verfügung stehender Materialien für beeinträchtigte Menschen, die ihnen beim Verständnis gesundheitlicher Fragen helfen und das Verständnis für ihre Gesundheitsprobleme fördern 

Laut der "Europäischen Strategie für Menschen mit Behinderung 2010-2020" gibt es immer noch erhebliche Barrieren, die Menschen mit Behinderung einen Zugang zu relevanten Informationen erschweren (9). Wichtig sei die Sprache zu vereinfachen und alternative Bildsymbole und Medien zur Vermittlung wesentlicher Inhalte zu verwenden. Die Informationen müssen an die individuellen Gegebenheiten wie Alter, Reife, Erfahrung, kultureller und sprachlicher Hintergrund angepasst und eventuell aufbereitet zur Verfügung gestellt werden. Es ist wichtig, dass die Person den Inhalt und die Bedeutung der Informationen, die sie erhalten, versteht.

Es gibt Ressourcen im Internet, die Eltern nutzen können, wenn ihre Kinder älter werden. Ein Beispiel für eine Webseite mit elektronischen Broschüren (in englischer Sprache) stammt von Down-Syndrom Schottland: https://www.dsscotland.org.uk/resources/publications/for-parents-of-adults/. In nordischer Sprache können folgende Websites nützlich sein: https://www.aldringoghelse.no/utviklingshemning/tilrettelagt-tekst-lett-%C3%A5-lese/

AKTIVITÄTEN:

  • Finden Sie heraus, welche Ressourcen es in Ihrem Land zum Thema "Altern und Gesundheit von Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung" gibt.
  • Sprechen Sie mit Ihrem Kind / Geschwisterteil / Klienten darüber, was es bereits über seine eigene Gesundheit weiß.
  • Wählen Sie ein Thema aus einer Broschüre, einer Webseite oder einem Buch aus, an dem es interessiert ist, lesen sie es gemeinsam und sprechen Sie anschließend darüber.